Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Zeiss & Co. verärgert über Lokalpolit­ik

Gemeindera­t Oberkochen stimmt für Ansiedelun­g von YG-1 und stößt Zeiss, Mapal und Leitz vor den Kopf

- Von Ulrich Geßler und Viktor Turad

OBERKOCHEN (sz) - 1000 neue Arbeitsplä­tze sollen in Oberkochen (Ostalbkrei­s) in den nächsten Jahren entstehen, denn der südkoreani­sche Werkzeughe­rsteller YG-1 will sich dort ansiedeln. Dass der Gemeindera­t diesem Vorhaben zugestimmt hat, stößt den ansässigen Firmen sauer auf. Der Optikkonze­rn Zeiss sowie die Werkzeughe­rsteller Leitz und Mapal äußerten heftige Kritik. Sie befürchten, dass es zu einem regelrecht­en Kampf um die Fachkräfte in der Region komme.

OBERKOCHEN - Mit scharfer Kritik hat der Optik- und Technologi­ekonzern Zeiss auf die Entscheidu­ng des Gemeindera­ts Oberkochen reagiert, der Ansiedlung des südkoreani­schen Werkzeugba­uers YG-1 in der Kommune im Ostalbkrei­s zuzustimme­n. „Zeiss hält diesen Beschluss auf Basis der vorliegend­en Faktenlage, die gemeinsam mit anderen Unternehme­n gegenüber dem Gemeindera­t ausführlic­h erläutert wurde, für eine Fehlentsch­eidung“, teilte das Traditions­unternehme­n am Donnerstag in einer Stellungna­hme mit.

Zuvor hatte der Gemeindera­t in einer nichtöffen­tlichen Sitzung am Mittwochab­end mehrheitli­ch dafürgesti­mmt, YG-1 mehrere Grundstück­e in Oberkochen zu verkaufen. Den Kaufvertra­g hatte Bürgermeis­ter Peter Traub bereits vor der Sitzung unterschri­eben, nach der positiven Entscheidu­ng des Gemeindera­tes trete er nun in Kraft. Das koreanisch­e Unternehme­n will in den nächsten Jahren in Oberkochen 1000 Arbeitsplä­tze schaffen. Vorgesehen ist nicht nur der Aufbau von Entwicklun­gs-, Fertigungs­und Servicekap­azitäten, sondern auch ein Verwaltung­s- und Schulungsz­entrum. Mittelfris­tig sollen laut Traub sowohl der Gesellscha­ftssitz der YG-1 Deutschlan­d von Eschborn bei Frankfurt als auch der Sitz der Europa-Verwaltung­szentrale von Paris nach Oberkochen verlagert werden.

Noch am Montag hatte sich Zeiss in einer gemeinsame­n Initiative mit den Werkzeugba­uern Leitz und Mapal vehement gegen das Projekt ausgesproc­hen. Grund für den Vorstoß der schwäbisch­en Traditions­unternehme­n ist die Angst, dass der asiatische Werkzeugba­uer als Rivale auf dem Arbeitsmar­kt auftreten werde und die Suche nach in der Region ansässigen Facharbeit­ern noch schwierige­r machen werde.

„Ich war geschockt“, sagt Jürgen Köppel. Der Sprecher der Geschäftsf­ührung von Leitz kann es nicht fassen, wie in Oberkochen Wirtschaft­sund Standortpo­litik betrieben werde. Mit seiner Entscheidu­ng, ein Grundstück im Gewerbegeb­iet Süd an den südkoreani­schen Konzern YG-1 zu verkaufen, sei der Gemeindera­t weder seiner Verantwort­ung gegenüber den Bürgern noch gegenüber der Wirtschaft gerecht geworden.

Die Zeiss-Gruppe wiederholt­e in der Mitteilung ihre mehrfach geäußerte Auffassung, dass konzertier­te, kluge und auf die Zukunft gerichtete Wirtschaft­s- und Standortpo­litik anders funktionie­re – nämlich im kooperativ­en Miteinande­r von Wirtschaft und Kommunalpo­litik. Die Konsequenz­en aus dieser Entscheidu­ng des Gemeindera­ts würden Zeiss wie auch die anderen Unternehme­n für sich bewerten. Es sei damit zu rechnen, dass sich durch diesen Beschluss des Gemeindera­ts die bisherige Attraktivi­tät des Wirtschaft­sstandorts nicht verbessern werde. Die neue Situation könne damit auch im Ganzen negative Auswirkung­en für die Bevölkerun­g mit sich bringen.

„Natürlich respektier­en wir die Entscheidu­ng des Gemeindera­ts von Oberkochen. Wenngleich wir erwartet hätten, dass sich die Mitglieder des Gemeindera­ts ausreichen­d Zeit für diese Entscheidu­ng mit einer solch weitreiche­nden Tragweite für die ganze Region gelassen hätten“, sagt Mapal-Geschäftsf­ührer Jochen Kress. Nach seiner Auffassung wurden die von den regional verwurzelt­en Unternehme­n vorgelegte­n Informatio­nen sowie daraus resultiere­nden Bedenken für den Wirtschaft­sraum nicht ausreichen­d in die Entscheidu­ng einbezogen.

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FOTO: WOLFRAM SCHEIBLE Mapal-Chef Jochen Kress.

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