Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Zeiss & Co. verärgert über Lokalpolitik
Gemeinderat Oberkochen stimmt für Ansiedelung von YG-1 und stößt Zeiss, Mapal und Leitz vor den Kopf
OBERKOCHEN (sz) - 1000 neue Arbeitsplätze sollen in Oberkochen (Ostalbkreis) in den nächsten Jahren entstehen, denn der südkoreanische Werkzeughersteller YG-1 will sich dort ansiedeln. Dass der Gemeinderat diesem Vorhaben zugestimmt hat, stößt den ansässigen Firmen sauer auf. Der Optikkonzern Zeiss sowie die Werkzeughersteller Leitz und Mapal äußerten heftige Kritik. Sie befürchten, dass es zu einem regelrechten Kampf um die Fachkräfte in der Region komme.
OBERKOCHEN - Mit scharfer Kritik hat der Optik- und Technologiekonzern Zeiss auf die Entscheidung des Gemeinderats Oberkochen reagiert, der Ansiedlung des südkoreanischen Werkzeugbauers YG-1 in der Kommune im Ostalbkreis zuzustimmen. „Zeiss hält diesen Beschluss auf Basis der vorliegenden Faktenlage, die gemeinsam mit anderen Unternehmen gegenüber dem Gemeinderat ausführlich erläutert wurde, für eine Fehlentscheidung“, teilte das Traditionsunternehmen am Donnerstag in einer Stellungnahme mit.
Zuvor hatte der Gemeinderat in einer nichtöffentlichen Sitzung am Mittwochabend mehrheitlich dafürgestimmt, YG-1 mehrere Grundstücke in Oberkochen zu verkaufen. Den Kaufvertrag hatte Bürgermeister Peter Traub bereits vor der Sitzung unterschrieben, nach der positiven Entscheidung des Gemeinderates trete er nun in Kraft. Das koreanische Unternehmen will in den nächsten Jahren in Oberkochen 1000 Arbeitsplätze schaffen. Vorgesehen ist nicht nur der Aufbau von Entwicklungs-, Fertigungsund Servicekapazitäten, sondern auch ein Verwaltungs- und Schulungszentrum. Mittelfristig sollen laut Traub sowohl der Gesellschaftssitz der YG-1 Deutschland von Eschborn bei Frankfurt als auch der Sitz der Europa-Verwaltungszentrale von Paris nach Oberkochen verlagert werden.
Noch am Montag hatte sich Zeiss in einer gemeinsamen Initiative mit den Werkzeugbauern Leitz und Mapal vehement gegen das Projekt ausgesprochen. Grund für den Vorstoß der schwäbischen Traditionsunternehmen ist die Angst, dass der asiatische Werkzeugbauer als Rivale auf dem Arbeitsmarkt auftreten werde und die Suche nach in der Region ansässigen Facharbeitern noch schwieriger machen werde.
„Ich war geschockt“, sagt Jürgen Köppel. Der Sprecher der Geschäftsführung von Leitz kann es nicht fassen, wie in Oberkochen Wirtschaftsund Standortpolitik betrieben werde. Mit seiner Entscheidung, ein Grundstück im Gewerbegebiet Süd an den südkoreanischen Konzern YG-1 zu verkaufen, sei der Gemeinderat weder seiner Verantwortung gegenüber den Bürgern noch gegenüber der Wirtschaft gerecht geworden.
Die Zeiss-Gruppe wiederholte in der Mitteilung ihre mehrfach geäußerte Auffassung, dass konzertierte, kluge und auf die Zukunft gerichtete Wirtschafts- und Standortpolitik anders funktioniere – nämlich im kooperativen Miteinander von Wirtschaft und Kommunalpolitik. Die Konsequenzen aus dieser Entscheidung des Gemeinderats würden Zeiss wie auch die anderen Unternehmen für sich bewerten. Es sei damit zu rechnen, dass sich durch diesen Beschluss des Gemeinderats die bisherige Attraktivität des Wirtschaftsstandorts nicht verbessern werde. Die neue Situation könne damit auch im Ganzen negative Auswirkungen für die Bevölkerung mit sich bringen.
„Natürlich respektieren wir die Entscheidung des Gemeinderats von Oberkochen. Wenngleich wir erwartet hätten, dass sich die Mitglieder des Gemeinderats ausreichend Zeit für diese Entscheidung mit einer solch weitreichenden Tragweite für die ganze Region gelassen hätten“, sagt Mapal-Geschäftsführer Jochen Kress. Nach seiner Auffassung wurden die von den regional verwurzelten Unternehmen vorgelegten Informationen sowie daraus resultierenden Bedenken für den Wirtschaftsraum nicht ausreichend in die Entscheidung einbezogen.