Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Gestürzte
Die britische Entwicklungshilfeministerin Priti Patel wurde bereits als mögliche Nachfolgerin von Premierministerin Theresa May gehandelt, nun musste sie zurücktreten. Die Konservative hatte gegen den Verhaltenskodex für Minister verstoßen, weil sie sich ohne Absprache während ihres Urlaubs in Israel zwölf Mal mit Premierminister Benjamin Netanjahu und anderen Regierungsvertretern getroffen hatte. Sie bedauere, sagte Patel in ihrem Rücktrittsschreiben, dass „meine Aktionen nicht den Standards von Transparenz und Offenheit genügt haben“. Die 45-Jährige wollte erreichen, dass Großbritannien Hilfsgelder für israelische humanitäre Missionen im Golan bereitstellt. Auch ihr Besuch eines Militärkrankenhauses im Golan war ein diplomatischer Tabubruch, denn Großbritannien erkennt die israelische Besetzung des syrischen Gebietes nicht an. Zum endgültigen Sturz Patels führte die Tatsache, dass sie zwei weitere Treffen mit israelischen Ministern verschwiegen hatte. Nachfolgerin Patels ist die 44jährige konservative Abgeordnete Penny Mordaunt.
Patel war eine Brexit-Befürworterin und gilt als glühende Verehrerin der „Eisernen Lady“Margaret Thatcher (Premierministerin von 1979 bis 1990). Seit 2010 sitzt Patel für den Wahlkreis Witham im Parlament. Nach dem Brexit-Referendum 2016 wurde sie von May als Entwicklungshilfeministerin ins Kabinett geholt. Zuvor hatte Patel verschiedene Posten als Staatssekretärin im Finanz- und Arbeitsministerium inne.
Die Politikerin kommt aus einer Familie indischstämmiger Ugander, die in den 1960erJahren nach Großbritannien einwanderten. Die britische Kolonialmacht hatte im 19. Jahrhundert Arbeiter für den Bau von Eisenbahnstrecken aus Indien in das ostafrikanische Land gebracht. Die Gewaltherrschaft des Diktators Idi Amin in den 1970er-Jahren zwang viele ihrer Nachfahren, Uganda zu verlassen. Patels Eltern gründeten in England eine Zeitungskiosk-Kette. Priti Patel ging in Watford zur Schule und studierte später Wirtschaft. Sie ist verheiratet und hat einen Sohn.
Jochen Wittmann und dpa