Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
In den Fängen des Machtkonflikts
Ausstellung „Der 30-jährige Krieg – Schauplatz Oberschwaben“eröffnet
RAVENSBURG - Da sage noch einer, dass geschichtliche Ausstellungen nicht attraktiv seien: Über 150 Besucher haben bei der Eröffnung der Ausstellung „Der 30-jährige Krieg – Schauplatz Oberschwaben“nicht nur den Innenhof des Humpis-Quartiers, sondern auch die Treppen bis in die oberen Stockwerke gefüllt.
„Wir sind doch nunmehr ganz, ja mehr denn ganz verheeret!“, zitierte Oberbürgermeister Daniel Rapp aus dem Sonett „Die Tränen des Vaterlandes“des Barockdichters Andreas Gryphius, ehe er einen fundierten Überblick über die neue Ausstellung gab. Wie die Vorherigen würde sie am Beispiel Ravensburgs oberschwäbische und europäische Geschichte verständlich vermitteln, Oberschwaben und Ravensburg in den Kontext des europäischen Machtkonflikts stellen. 26 500 Besucher habe die Vorgängerausstellung zur Hexenjagd angezogen: „Der Erfolg hat einen Namen: Andreas Schmauder und Team“, mit ihm sei das Humpis-Quartier ein besonderer Ort der Identifikation für die Ravensburger geworden.
„Eine der spannendsten Ausstellungen der letzten Jahre“nannte Rapp die jüngste, auch dank dem Netzwerk der Freunde des Museums und dank bedeutender Leihgaben, die die betroffenen oberschwäbischen Adelshäuser beigesteuert hatten, von denen er Erbgraf und Erbgräfin Maximilian und Valerie zu Königsegg-Aulendorf und Archivar Bernd Mayer für das Haus Waldburg-WolfeggWaldsee begrüßen durfte. Für das Haus Württemberg stand Archivar Eberhard Fritz, der den fundierten, mit Bildern begleiteten Einführungsvortrag über den 30-jährigen Krieg in Oberschwaben mit Fokussierung auf Ravensburg hielt.
Seit Jahren beschäftigt sich Fritz in seiner Freizeit mit der Geschichte dieser für die Region äußerst wichtigen Epoche und stellte seine Forschungsarbeiten als wissenschaftlichen Hintergrund für die Ausstellung zur Verfügung. Zusammen mit Schmauder hat er sie konzipiert, die Organisation hat das Museum übernommen.
Fritz bedauerte, dass er zwar lokale Forschungen gebe, aber kaum brauchbare Darstellungen, die die Ortsgeschichte auf regionaler Ebene in Verbindung bringen. In seiner Darstellung ging er von der europäischen Machtkonstellation jener Zeit aus, von der Zersplitterung in Oberschwaben. War man früher davon ausgegangen, dass in Oberschwaben keine historisch bedeutsamen Schlachten stattgefunden hatten, zeigte er, wie sehr das Land dennoch vom Kriegsgeschehen betroffen war, da hier die Macht des Kaisers aus dem Haus der Habsburger lag. Der Kaiser war Herr der Reichsstädte, Lehensherr vieler Adliger. Wer hier angriff, konnte die Habsburger empfindlich treffen.
Ein Akzent lag auf der Rolle, die die Festung Hohentwiel im Kampf gegen die Kaiserlichen spielte. Ihr Kommandant Konrad Widerholt sei nicht der Raubritter gewesen als den man ihn früher dargestellt hatte, sondern arbeitete als Kriegsunternehmer, als „Warlord“, nach genauem Kalkül, zwang die habsburgischen Besitzungen gnadenlos zu hohen Kontributionen. Zwar habe seine Kontrahentin, die Erzherzogin Claudia von Tirol, von Innsbruck aus die Zahlungen untersagt, doch ohne Erfolg. Auch eine Stadt wie Ravensburg, die bestens geschützt war, musste zahlen, da sie Dörfer wie Bitzenhofen besaß, die man als Erpressung plündern und niederbrennen konnte.
Auch wenn die Stadt paritätisch war, halb katholisch, halb evangelisch, litt sie unter den gefürchteten Einquartierungen und Kontributionen. Doch weit mehr Tote als das direkte Kriegsgeschehen habe nach der Schlacht bei Nördlingen die Pest gefordert, worunter man damals alle ansteckenden Krankheiten verstand. Der gründlich ausgehandelte Friedensvertrag von Münster und Osnabrück habe 1648 das lange ersehnte Ende des Krieges und einen wesentlichen Beitrag zum friedlichen Miteinander der Konfessionen gebracht. Vergleichbar mit den heutigen Krisen seien die Grausamkeit gegenüber der Bevölkerung, das Söldnerwesen und die Stellvertreterkriege. Damit sei das Thema auch für die Gegenwart hochaktuell. Museumsleiter Schmauder dankte dem Vortragenden wie den Leihgebern, dem Gestaltungsbüro „puer“aus Stuttgart und seinen Mitarbeitern, dann lud er die Besucher zum Rundgang ein, zum Eintauchen in eine ganz neue historische Welt.
Die Ausstellung ist bis zum
1. April 2018 zu sehen. Geöffnet ist Dienstag bis Sonntag 11 bis 18 Uhr, Donnerstag bis 20 Uhr. 24., 25. und 31. Dezember ist geschlossen. Führungen und Begleitprogramm sind dem Flyer zur Ausstellung zu entnehmen.