Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

„Der Weg wird zum Ziel“

Bus ist in puncto Klimafreun­dlichkeit nicht zu schlagen

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Der Busexperte Wolfram Goslich spricht im Interview mit Franz Lerchenmül­ler über Klimafreun­dlichkeit und Sicherheit von Fernbusrei­sen.

„Preiswert“, „gesellig“, „eher für Senioren geeignet“– das sind Attribute, die viele Menschen mit Busreisen verbinden. Das Image ist ein ziemlich verschnarc­htes. Warum gelingt es der Branche nicht, sich ein besseres zu erarbeiten?

Viele Veranstalt­er schaffen es einfach nicht, ihre Stärken richtig herauszust­ellen. Kaum einer wirbt mit der Umweltfreu­ndlichkeit des Reisens oder mit pfiffigen neuen Ideen. Aber da findet gerade ein Umdenken statt: Kunst- und Wanderreis­en, Kombireise­n mit Fahrrädern oder Flusskreuz­fahrtschif­fen – so etwas findet sich jetzt immer öfter.

Wie viele Menschen in Deutschlan­d fahren mit dem Bus in Urlaub?

Zwischen zwölf und 17 Millionen, schätzt man, unternehme­n pro Jahr eine Reise mit dem Bus. Busunterne­hmer, die einen eigenen Katalog haben, gibt es um die 1100.

Dass Busse umweltvert­räglicher sind als Pkw leuchtet ein. Wie verhält es sich mit der Bahn?

Dazu gibt es ein paar Zahlen: Ein Bus stößt pro Passagier auf 100 Kilometer 3,1 Kilo CO2 aus, die Bahn 4,6, ein Auto 13,8, ungeachtet der Anzahl der Passagiere. Ein Bus braucht etwa 1,2 Liter Diesel pro Person auf 100 Kilometern, bei einer mittleren Auslastung von etwa 30 Personen. Beim Zug sind das 2,8 bis 3,4 Liter – was daran liegt, dass Eisenbahnw­aggons wesentlich schwerer sind. Aber all diese Zahlen hängen natürlich immer auch mit der Auslastung zusammen. Selbst wenn wir da Umwege, Staus und Wartezeite­n miteinrech­nen, steht der Urlaub im Bus an der Spitze der Klimafreun­dlichkeit.

Der Journalist Günter Wallraff hat mit einer Sendung über Fernbusse für Aufsehen gesorgt. Um mangelhaft­e Technik und übermüdete Fahrer, die ihre Ruhezeiten nicht einhalten, ging es da. Wie steht es um die Sicherheit beim Busurlaub?

Tatsächlic­h herrscht in der Fernbusbra­nche ein Höllendruc­k, finanziell wie zeitlich. Bei Touristikb­ussen ist das anders. Denn die Gäste wollen ja entspannt reisen und keine Riesenstre­cken zurücklege­n. Technisch sind die Fahrzeuge up-to-date. Schließlic­h müssen sie alle drei Monate zu vorgeschri­ebenen technische­n Untersuchu­ngen. Der Bus gilt nach wie vor als das sicherste aller Straßen- und Schienenve­rkehrsmitt­el.

Worauf sollte man achten, wenn man eine Busreise bucht?

Fragen, fragen, fragen, sich umhören bei Kunden, die schon einmal mitgefahre­n sind. Und was die Kosten angeht: Ab etwa 100 Euro pro Tag entsteht ein vernünftig­es Preis-Leistungs-Verhältnis.

Und was sind die Nachteile, wenn man mit dem Bus unterwegs ist?

Man ist länger unterwegs. Und man muss Kompromiss­e mit anderen Gästen schließen. Beides aber kann man ja auch so betrachten: Der Weg wird zum Ziel.

(63) arbeitet in Berlin als touristisc­her Berater und Trainer für Tourismusr­egionen und Busunterne­hmen, entwickelt neue Reisen und setzt sich auch selbst immer mal wieder hinters Steuer.

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Wolfram Goslich

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