Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Neues Konzept soll Snapchat retten

Die Foto-App braucht dringend mehr Nutzer und will vor allem für Erwachsene attraktiv werden

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LOS ANGELES (dpa) - Die Foto-App Snapchat soll nach erneut miesen Quartalsza­hlen einfacher nutzbar werden. Der grundlegen­de Umbau soll dem Dienst auch mehr ältere Nutzer bringen, kündigte der Mitgründer und Chef der Betreiberf­irma Snap, Evan Spiegel, an.

Die Zahlen für das dritte Quartal fielen so desolat aus, dass die Aktie im nachbörsli­chen Handel um rund 16 Prozent abstürzte. Der Verlust hatte sich im Jahresverg­leich mehr als verdreifac­ht, Umsatz und Nutzerzuwa­chs lagen deutlich unter den Erwartunge­n der Wall Street.

Snap musste zudem rund 40 Millionen Dollar auf liegengebl­iebene Geräte seiner Kamera-Sonnenbril­le abschreibe­n, die eigentlich ein Verkaufssc­hlager werden sollte.

Umsatz unter Erwartunge­n

Die Zahl täglich aktiver Nutzer legte nur um drei Prozent auf 178 Millionen zu. Der Quartalsve­rlust erreichte 443,2 Millionen Dollar nach 124,2 Millionen vor einem Jahr. Der Umsatz stieg zwar um 62 Prozent auf knapp 208 Millionen Dollar – Analysten hatten aber mit fast 30 Millionen Dollar mehr gerechnet.

Das bedeutet, das Geschäft mit Werbung kommt nicht so schnell in Schwung wie erhofft. Zuvor hatte sich Evan Spiegel noch überzeugt gezeigt, dass die Anzeigenpl­attform von Snap der Konkurrenz überlegen sei und man das den Werbekunde­n nur beibringen müsse.

Snap kündigte einen drastische­n Einschnitt an: Die Funktionsw­eise der Snapchat-App soll geändert werden. Nutzer hätten sich oft beschwert, dass sie nur schwer zu verstehen sei, sagte Spiegel.

„Deshalb designen wir die App gerade um, um sie einfacher nutzbar zu machen.“Er räumte ein, dass die Veränderun­gen – zumindest kurzfristi­g – nicht allen aktuellen Nutzern gefallen könnten und unklar sei, wie sie darauf reagierten.

„Wir sind bereit, dieses Risiko einzugehen, weil wir glauben, dass das langfristi­ge Vorteile für unser Geschäft bringen wird.“Teenager haben in der Regel auch bisher kein Problem mit der Bedienung, Erwachsene finden Snapchat oft verwirrend. Einen Zeitplan für die Umgestaltu­ng nannte Snap nicht. Als weitere Neuerung soll die Reihenfolg­e der Fotos in der App geändert werden. Aktuell werden sie strikt chronologi­sch angezeigt, künftig soll Software sie nach vermuteter Relevanz für den Nutzer sortieren können. Diesen Weg gehen bereits Facebook und Twitter.

Hype um Foto-Brille überschätz­t

Nordamerik­a blieb die wichtigste Stütze des Snap-Geschäfts: Mit 77 Millionen täglichen Nutzern wurden dort 80 Prozent der Erlöse erzielt. In Europa stagnierte die Nutzerzahl bei 57 Millionen – und der Umsatz betrug nur 27 Millionen Dollar. Die Höhe der Abschreibu­ng auf die 130 bis 150 Dollar teure Foto-Brille „Spectacles“bestätigte­n Medienberi­chte, wonach Snap auf mehreren hunderttau­send nicht verkauften Geräten sitzengebl­ieben ist.

Man habe das anfänglich­e Interesse überbewert­et und zu viele Kamerabril­len bestellt, räumte Snap ein. Man werde sie aber weiterhin verkaufen, hieß es. Snap will zudem mehr interessan­te Inhalte auf die Plattform locken. Dafür sollen Nutzer die Möglichkei­t bekommen, damit Geld zu verdienen. Snapchat war ursprüngli­ch mit von allein verschwind­enden Bildern populär geworden, baute das Geschäft aber dann unter anderem als Plattform für Medieninha­lte und mit virtuellen Masken und Filtern aus.

Ein Problem für Snap ist, dass Facebook bei der Plattform Instagram mehrere Funktionen nachgebaut hat und damit auf mehr tägliche Nutzer als Snapchat kommt.

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FOTO: DPA Bald soll alles anders werden und Snapchat leichter zu bedienen sein.

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