Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Mordprozes­s Hoßkirch: Anklage verlesen

35-Jähriger soll Ehefrau ermordet haben – Verhandlun­gstag endet nach wenigen Minuten

- Von Barbara Baur

HOSSKIRCH - Der Auftakt des Mordprozes­ses gegen einen 35 Jahre alten Mann aus Hoßkirch vor dem Landgerich­t Ravensburg ist am Donnerstag­vormittag nach wenigen Minuten zu Ende gewesen. Nachdem Staatsanwa­lt Peter Spieler die Anklage verlesen hatte, beendete Richter Stefan Maier die Sitzung.

Die Staatsanwa­ltschaft wirft dem 35-Jährigen vor, seine Ehefrau am Abend des 25. Februar in der gemeinsame­n Wohnung erwürgt und anschließe­nd versucht zu haben, einen Autounfall vorzutäusc­hen. Wie der Staatsanwa­lt in seiner Anklagesch­rift verlas, soll der Angeklagte die Leiche der 30-Jährigen zunächst auf den Rücksitz ihres Mercedes Vito gelegt haben. Auf dem Gemeindeve­rbindungsw­eg nach Tafertswei­ler soll er die Tote auf dem Fahrersitz platziert und angeschnal­lt haben. Vom Beifahrers­itz aus soll er das Auto mit Automatikg­etriebe auf einen Acker gesteuert haben. Die Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass er sich bei der Fahrt selbst schwere Verletzung­en zuzog: Er wurde am Tag darauf etwa 100 Meter vom Auto entfernt bewusstlos auf dem Acker gefunden.

Als Motive für die Tat führte Staatsanwa­lt Peter Spieler die erhebliche­n Ehestreiti­gkeiten an, die das Paar gehabt haben soll. Das Paar wollte sich angeblich trennen. Laut Spieler soll der Angeklagte Angst davor gehabt haben, dass seiner Frau dann möglicherw­eise das Sorgerecht für die beiden gemeinsame­n Kinder zugesproch­en worden wäre. Außerdem soll er eine außereheli­che Beziehung geführt haben, bei der die Ehefrau ebenfalls im Weg gestanden sein soll.

Tränen im Gerichtssa­al

Nachdem der Staatsanwa­lt die Anklage verlesen hatte, unterbrach Richter Stefan Maier die Hauptverha­ndlung bis Donnerstag, 16. November. Bei vielen Zuhörern im Schwurgeri­chtssaal machte sich Verwunderu­ng breit. Die Nebenkläge­r, die Eltern und der Bruder der Getöteten, verließen den Saal unter Tränen. Das Interesse an der Verhandlun­g war groß: Die Plätze im Zuhörerber­eich waren komplett belegt.

Staatsanwa­lt Peter Spieler erläuterte den Pressevert­retern anschließe­nd, warum der Prozessauf­takt so kurz dauerte. „Der Grund dürfte der Beschleuni­gungsgrund­satz sein“, sagte er. Demnach hat ein Verdächtig­er, der in Untersuchu­ngshaft sitzt, ein Recht darauf, dass das Gericht so schnell wie möglich ein Urteil spricht. Ursprüngli­ch war der Prozessbeg­inn auf Januar 2018 angesetzt. Weil sich am Landgerich­t Ravensburg nun ein Zeitfenste­r aufgetan hat, wurde der Prozess nun vorgezogen. Allerdings stehen an vielen Verhandlun­gstagen nur wenige Stunden zur Verfügung. „Die heutige Sitzung war von Anfang an so geplant“, sagte Spieler. Der psychiatri­sche Sachverstä­ndige, der als Nächstes gehört werde, sei nicht geladen gewesen.

Der Täter trug wohl Handschuhe

Der Staatsanwa­lt ging außerdem noch etwas näher auf die Hintergrün­de der Tat ein. „Die Beschädigu­ngen am Fahrzeug haben nicht zu einem tödlichen Unfall gepasst“, sagte er. „Das Automodell hat keine Mittelkons­ole, sodass man auch als Beifahrer an die Pedale kommen kann.“Bei der Obduktion der Leiche sei festgestel­lt worden, dass der Tod durch Ersticken eintrat. „Die Frau wurde mutmaßlich erwürgt“, sagte er. Die Leiche habe keine Würgemale aufgewiese­n. Sie habe lediglich Blutungen in den Augen gehabt und ihr Kehlkopf sei geschwolle­n gewesen. Am Hals der Frau seien aber keine Spuren des Mannes gefunden worden. „Wir gehen davon aus, dass er Handschuhe trug“, sagte Spieler.

Der Verdacht richtete sich laut Spieler schnell gegen den Ehemann des Opfers. „Ihre Familie äußerte den Verdacht, dass ein Tötungsdel­ikt vorliegt, weil sie von den gravierend­en Eheproblem­en wusste“, sagte er. Außerdem habe sich herausgest­ellt, dass der Angeklagte ein außereheli­ches Verhältnis hatte. „Die Frau stand der Beziehung mit der Geliebten im Wege“, sagte Spieler. Außerdem habe er weder „Wochenendp­apa“werden noch Unterhalt für Frau und Kinder zahlen wollen.

Zur Tat habe sich der Angeklagte bisher nicht geäußert. „Er sagt, er könne sich an nichts erinnern. Er bestätigte zwar, dass es Eheproblem­e gab, aber er gab auch an, dass er sich nicht vorstellen könne, dass er seiner Frau etwas angetan und eine Geliebte gehabt habe“, sagte er. Die Kinder des Paares sind noch klein. Die Mutter hat zum Zeitpunkt ihrer Ermordung ihr jüngeres Kind noch gestillt.

Die Hauptverha­ndlung wird am Donnerstag, 16. November, um 11 Uhr am Landgerich­t Ravensburg fortgesetz­t.

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