Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Billiges Geld ist Schmierstoff der Börse
ZDF-Börsenmoderator Frank Bethmann spricht bei der „Business Night Bodensee“
FRIEDRICHSHAFEN - Frank Bethmann von der Börsen-Redaktion des ZDF hat am Donnerstag bei der siebten „Business Night Bodensee“der Wirtschaftsförderung Bodensee (WfB) im Campus Fallenbrunnen der ZU unter der Überschrift „Politik – Börse – Informationsflut“referiert. Schmierstoff der Börse sei derzeit das billige Geld, sagte WfB-Geschäftsführer Benedikt Otte, und Bethmann erinnerte an „komische Dinge“, die sich entwickeln, wenn das Geld keinen Preis mehr hat.
Schon die alten Ägypter versuchten Bauwerke mit Negativzinsen zu finanzieren, beleuchtete das Mitglied des ZDF-Kompetenzteams die äußerst schwierige Situation aufgrund der Niedrigzinsen, die man früher „nicht so“gehabt habe. Nicht mehr so falsch wie zunächst empfindet der Wirtschaftsjournalist heute die Politik der Europäischen Zentralbank (EZB). Wolle man den Euro retten, müsse man sich Gedanken machen, wie die Eurozone zu reformieren sei.
Deutschland hat sich klein gemacht
Wichtig sei, ein starkes Europa zu haben, in dem es sich lohne für einen starken Euro zu kämpfen, lobte er die gute Infrastruktur und Rechtssicherheit in der Union, in der sich Deutschland in den vergangenen Jahren allerdings „zu klein“gemacht habe. Beim Thema Welthandel und Weltpolitik konzentriere sich die Aufmerksamkeit auf den amerikanischen Präsidenten, den er mittlerweile „mehr und mehr eingefangen“sieht. Viele seiner politischen Ambitionen habe er nicht durchsetzen können.
Die teilweise lähmende Politik mache das Handeln für die Wirtschaft schwieriger. Banker müssten immer mehr Entscheidungen unter größerer Unsicherheit treffen. Es gebe viele Risiken, aber vieles relativiere sich wieder, versuchte Bethmann, der auf dem Höhepunkt der Finanzkrise 2008 das ZDF-Studio in New York geleitet hatte, zu beruhigen. Vieles nicht zuletzt von Trump angekündigte, könne wieder deeskaliert werden.
Frank Bethmann beleuchtete die Bedeutung von Aktien unter den Vermögensfonds und bezeichnete sie als die sicherste aller Anlageformen. Er erläuterte, wie die Digitalisierung die Börse beeinflusst hat und verriet aus seiner Sicht die wichtigsten Quellen sich zu informieren. Bei der Digitalisierung gehe es darum, morgen weg vom Fenster zu sein.
Er ging auf die Besteuerung von Roboterleistungen ein und nannte es wichtig, die Gesellschaft auf dem Weg zur in den Startlöchern sitzenden künstlichen Intelligenz mit ihren bevorstehenden Umbrüchen mitzunehmen. „China bildet jährlich so viele Ingenieure aus wie Deutschland heute insgesamt beschäftigt“, bemerkte er.
ZF und „Blockchain“
Der Börsenprofi, der sich intensiv mit Technologiesprüngen beschäftigt, forderte dazu auf, sich mit der Technologie „Blockchain“auseinanderzusetzen. Dass sich das lohne, wüssten auch Konzerne wie ZF, SAP oder TUI, die daran arbeiten. Bethmann hat mit einem Team einen Film über die Entwicklung von „Bitcoin“(eine digitale Währung) gedreht und rief zum Machen und Ausprobieren auf.
WfB-Geschäftsführer Benedikt Otte hatte eingangs den Partnern der „Business Night Bodensee“gedankt und die Notwendigkeit der wachsenden Vernetzung betont. Die Welt brauche solche Orte des gemeinsamen Diskurses, denn die Unternehmen müssten zunehmend in einem Terrain relativer Unsicherheit agieren und seien täglich einer Informationsflut ausgesetzt, die es zu selektieren gelte.