Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Zwischen Haut und farbenfrohen Kühen
Brigitte Meßmer thematisiert in ihrer aktuellen Ausstellung die menschliche „Häutung“
FRIEDRICHSHAFEN - „Es hat vor Kurzem jemand zu mir gesagt: 'Nach den Wechseljahren muss man sich entscheiden: Wirst du zur Ziege oder Kuh?' und ich habe erst gedacht: Was ist das denn für eine blöde Frage?“, erinnert sich Brigitte Meßmer beim Gang durch die Bilder, die sie in ihrer aktuellen Ausstellung in der Hauptfiliale der Sparkasse Bodensee in Friedrichshafen zeigt. „Häutung“lautet der Ausstellungstitel, der sich ursprünglich auf Werke bezog, die tatsächlich mit Haut und Hautzellen zu tun hatten.
Aus dieser Reihe sind einzelne Bilder zu sehen. Doch dann hängen dazwischen auch die Porträts farbenfroher Kühe. Auf den ersten Blick passen diese gar nicht zum Thema. Daher holt die Künstlerin ein wenig aus: Ziege oder Kuh, im deutschen Sprachgebrauch beide auch in Form von Schimpfwörtern geläufig, so sei ihre erste Assoziation keine gute gewesen. „Doch als ich mich näher damit befasst habe, habe ich gemerkt, wie gut die Kuh zu mir passt. Sie wirkt außen ruhig, während es in ihr drinnen arbeitet und sie in sieben Mägen verdaut. Bildlich gesprochen finde ich mich darin wieder.“
Schutzlos, seziert, gehäutet
Somit ist die Ausstellung bereits dadurch eine Häutung, dass sich in ihr die Macherin selbst zeigt, schutzlos, seziert, gehäutet, wenn man es so möchte. Sie selbst brauche die Kunst. Jeden Morgen stehe sie um vier Uhr auf, um noch zwei Stunden malen zu können, bevor der Schulalltag als Lehrerin für sie beginne. Vielleicht ist das einer der Gründe, der ihre Bilder beim Betrachter nachklingen lässt. Sie sind persönlich und doch nicht zu eindeutig, figurativ, aber nicht naturalistisch. „Für mich muss der Gesichtsausdruck stimmen, mit Modellen arbeite ich nicht“, erläutert sie.
Neben den Gesichtern und Stimmungen gebe es noch andere Themen, die sie fesselten: Der Verpuppungsprozess einer Raupe etwa. „Erst ist da dieses verletzliche schleimige Ding und dann wird daraus ein Schmetterling“, schildert sie und dass sie aktuell in der letzten Phase dieses Prozesses stecke. „Das hat auch viel mit Freiheit zu tun.“Diese Freiheit nehme sie sich hier, indem sie eine Werkzusammenstellung zeige und Arbeiten, die vielleicht nicht jedem gefallen würden. Überhaupt übermale sie manchmal sogar Bilder, wenn diese „zu schön“seien. So verberge sich hinter den gezeigten Werken jeweils mindestens ein weiteres.
Geht man weiter durch die 21 Bilder, die an den Stellwänden im Foyer der Sparkasse hängen, sieht man auffliegende Schwalben, eine Frauengestalt, zweimal, einmal ganz ruhig porträtiert, dann dynamischer; sie breitet die Arme aus, reckt sich. Freiheitsmotive? Es ist eine kleine Ausstellung zum genauen Hinsehen, zum Hineinfühlen in Bilder, Momente, Stimmungen. Und vielleicht, um die Frage zu stellen, was von dem Gezeigten in einem selbst, also dem Betrachter, stecken mag? Was käme unter der sichtbaren Schicht?
Die Ausstellung ist noch bis zum 1. Dezember jeweils zu den Öffnungszeiten der Sparkasse in der Charlottenstraße 1 zu sehen.