Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Mooser Weg: Baupläne spalten Langenargen
Nicht nur Einwohner, auch Grünen-Gemeinderäte sind sich offenbar nicht grün – Eine Bestandsaufnahme
LANGENARGEN - Der Beschluss des Gemeinderates, auf einer 5600 Quadratmeter großen Wiese im Mooser Weg zwei Mehrfamilien- und sechs Reihenhäuser zu bauen, spaltet Langenargen. Bestes Beispiel für die Zerrissenheit bei diesem Thema liefern die Grünen-Gemeinderäte: Während sich Ulrich Ziebart klar gegen die Bebauung ausgesprochen hat, teilt Hans-Günther Moser jetzt in einer Stellungnahme mit, warum er die Pläne unterstützt.
Wie ernst es den Gegnern des Gemeinderatsbeschlusses ist, haben sie bewiesen, als sie vor etwas mehr als zwei Wochen Bürgermeister Achim Krafft eine Liste mit 761 Unterschriften überreichten. Damit erfüllte die Initiative, die sich vor allem aus Naturschützern und Anwohnern zusammensetzt, die Voraussetzungen für ein Bürgerbegehren – eigentlich wären dafür nur 455 Unterschriften notwendig gewesen.
Die Folge: Voraussichtlich an einem Sonntag im nächsten Frühjahr steht in Langenargen ein Bürgerentscheid im Terminkalender, bei dem die Hürde allerdings höher liegt. Um erfolgreich zu sein, braucht die Bewegung ein Quorum von 20 Prozent, sprich: 1300 von 6498 Bürgern müssen gegen die Entscheidung stimmen, einen Bebauungsplan „Mooser Weg/Alte Kaserne“im beschleunigten Verfahren aufzustellen.
Dabei geht es der Initiative nicht nur um den Naturschutz der Fläche, die ihrer Beschreibung nach in der Vogelfluglinie liegt, Jagdrevier für seltene Tierarten ist und Raum für Streuobstbäume und mehr als 50 verschiedene Arten von Wiesenpflanzen bietet. Sondern auch darum, dass mit einer Bebauung aus ihrer Sicht nicht zu rechnen war. Der Grund: Im Jahr 2000 hatte sich der Gemeinderat noch dafür ausgesprochen, den Bereich als geschützten Grünbestand zu erhalten. Eine entsprechende Satzung wurde allerdings nie beschlossen. Rechtlich gesehen dürfte gegen die Baupläne also nichts einzuwenden sein, für Bernd Wahl, einen der Sprecher der Initiative, sind diese jedoch „eine Art Vertrauensbruch“.
Befangen, dagegen, dafür
Auf der anderen Seite stehen die Langenargener, die davon überzeugt sind, mit der Bebauung der Wiese etwas Druck aus dem extrem angespannten Wohnungsmarkt zu nehmen, allen voran Bürgermeister Achim Krafft. Seine Argumentation: Das Grundstück gehöre der Gemeinde, sei bereits erschlossen und früher schon bebaut gewesen, als es noch die alte Kaserne gab – „auch wenn das viele vergessen haben“. Der Bürgermeister ist selbst Anwohner im Mooser Weg und könnte mit der Bebauung in der Nachbarschaft leben, denn: „Ich bin zugezogen, weil’s dort schön ist, und habe für mich in Anspruch genommen, was andere ebenfalls in Anspruch genommen haben.“
Wie hin- und hergerissen Langenargen bei dem Thema ist, zeigen auch die drei Grünen im Gemeinderat. Silke Falch wurde, als es im Sommer um die Entscheidung ging, einen Bebauungsplan im beschleunigten Verfahren aufzustellen, für befangen erklärt und von der Abstimmung ausgeschlossen, weil ihr Bruder im Mooser Weg wohnt.
Fraktionsvorsitzender Ulrich Ziebart, der gegen den Beschluss stimmte, betonte in der Gemeinderatssitzung im Juli zwar, dass vor allem für junge Familien dringend bezahlbarer Wohnraum benötigt werde. Doch sprechen seiner Meinung nach zwei entscheidende Gründe dafür, der Versuchung zu widerstehen, auf dieser Wiese zu bauen: Zum einen der Naturschutz, zum anderen die Verlässlichkeit von Entscheidungen des Gemeinderates. „Es ist wichtig, dass es hier eine Fläche gibt, die den Grünzug zwischen Hinterland und Bodensee aufrecht erhält.“Zudem müsse der Gemeinderat beweisen, dass seine Entscheidungen verlässlich sind, und nicht vergessen würden, „wenn sie nicht mehr passen“, betonte Ulrich Ziebart. Wohnraum könne auch an anderer Stelle entwickelt werden.
Ganz anders Gemeinderat HansGünther Moser, der inzwischen die Grünen-Fraktion wegen „sachbezogener Differenzen“verlassen hat. Er stimmte für die Baupläne und meldet sich jetzt in einer Stellungnahme zu Wort. Seit Jahrzehnten würden sich kapitalkräftige Menschen aus ganz Deutschland in Langenargen einkaufen beziehungsweise -mieten. Das sei legitim, bedeute aber, „dass Bürger, die hier leben, sich für unser Gemeinwohl in Organisationen und Vereinen engagieren oder auch Familien mit Kindern keinen geeigneten Wohnraum finden“.
Naturschutz contra Wohnraum
Das fragliche Grundstück im Mooser Weg sei vermutlich auf absehbare Zeit das einzige Grundstück, das die Gemeinde bebauen und nutzen könne. Der Schutz von Natur und Landschaft habe eine große Bedeutung, und es sei den Verantwortlichen bewusst, dass mit einer Bebauung wieder ein Stück Natur weichen müsse. Hans-Günther Mosers Aber: „Wir müssen an die Menschen in unserer Gemeinde denken, die dringend Wohnraum benötigen und zum Teil unter völlig unzureichenden Bedingungen leben.“
Von den anderen Gemeinderäten stimmten die der Freien Wähler und der CDU für die Aufstellung des Bebauungsplanes „Mooser Weg/Alte Kaserne“, die SPD-Räte sprachen sich dagegen aus. Welche Position sich durchsetzen kann, wird der Bürgerentscheid zeigen. Danach müssen die Kontrahenten die Entscheidung akzeptieren – und wieder zusammenfinden.