Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
EBC-Betreiber meldet Insolvenz an
Die Seegockel geben sich am 11. 11. betont scharfzüngig
Der Gästekarte am Bodensee droht unerwartet das technische Aus.
FRIEDRICHSHAFEN - Die Fasnet ist eröffnet und die Seegockel sind mit großen Ideen angetreten, sie zu begrüßen. Der Elferrat will die Zeppelin-Apotheke übernehmen und das Präsidium des Vereins zur Pflege des Volkstums hat die drei Häfler Bürgermeister kurzerhand zu Bademeistern befördert.
Im Buchhorner Hof hat Seegockel-Präsident Karl Haller Punkt 11.11 Uhr am Samstag die Glocke geläutet. Der Saal gefüllt und die Gäste gespannt auf das, was diesmal folgt, brauchte er schließlich gut 25 Minuten, unterbrochen von musikalischen Einlagen der Original Ibrige, um alle Anwesenden zu begrüßen – nicht ohne die ein oder andere Spitze in Richtung Kommunalpolitik und Rathaus los zu werden.
Und von dort war Oberbürgermeister Andreas Brand gekommen, um in Reimform und ebenfalls gespickt mit Bemerkungen zum aktuellen Zeitgeschehen seine Botschaft zu überbringen. Da war die Rede vom „Museum für die Familienehre“, das auf die Kasse des Stadtkämmerers schiele oder diversen Anlässen, die ihm das ein oder andere Mal Tränen vor Lachen oder der Verwunderung oder Sorge in die Augen getrieben hätten: Mit Klangschiff oder Negerbad seien da nur zwei genannt. Sein Credo: Fasnet ist gut und schön, Humor aber solle das ganz Jahr über erhalten bleiben. Getreu diesem Motto legten die Seegockel nach. Sie kürten Oberbürgermeister Andreas Brand, Ersten Bürgermeister Stefan Köhler und Bürgermeister Andreas Köster mal eben zu Bademeistern, die für die vielen neuen Häfler Bäder scheint’s dringend gebraucht würden. Viel sagen dazu durften die nichts, als Stefan Köhler zur Erwiderung anhob und ein Mikrophon haben wollte, meinte der SeegockelSchriftführer Thomas Martin nur: „Wir suchen Bademeister, keine Hallensprecher.“ Schriftführer Thomas Martin zu Bürgermeister Stefan Köhler
Einen Sprecher aber haben die Seegockel in jedem Jahr: den in der Gockelmiste. Das war diesmal Landrat Lothar Wölfle. Und der zeigte mit selbstgeschriebener Rede, dass er seinem viel gelobten Vorgänger in dieser Rolle, dem Zeppelin-Konzernchef Peter Gerstmann, in nichts nachstand. Wenn Gerstmann meine, der Unterschied zwischen der Häfler Fasnet und dem Kölschen Karneval sei, dass der Karneval lustig sei, dann müsse er sich als Kölner warm anziehen. Noch vor einiger Zeit sei in Überlingen eine Kölnerin Oberbürgermeisterin gewesen. Die Betonung läge auf „gewesen“.
Ausgerüstet mit mehreren Narrenkappen, die er gemäß des Inhalts seiner Rede wechselte, brachte Wölfle spitze Anmerkungen in die Gockelmiste – eine Eigenschaft, die sich mit Gerstmann und ihm durchsetzen und die einstigen „Weichspüler-Reden“ersetzen sollte.
Tschüss Weitsicht
So sah der Landrat von der JamaikaKoalition über den Häfler Stadtrat zum Kreistag und bedachte sie alle mit bissigen Anmerkungen. Wenn die Häfler ein neues Logo wollten, dann würden sie sich ja auch von ihrem Slogan „Seeblick mit Weitsicht“verabschieden. „Seeblick, der ist da. Da brauchen wir nur hinaus zu gehen und nachschaun. Also verabschiedet sich Friedrichshafen vom Weitblick“, sagte er. Und vom Weitblick sei im Kreistag auch einiges vorhanden. Der reiche nur immer dahin, wo niemand mehr zuständig sei: „Eine Resolution zur Aquakultur – frist-, form- und fruchtlos, aber fünf Stunden darüber diskutiert.“Als architektonisches Highlight bezeichnete er die Entscheidung der Stadt, das Kultur- und Wohnprojekt „Blaue Blume“mit „braunen Apfelkisten, pinkfarbenem Bus und blauem Bauwagen gleich neben die piekfeine Zeppelin-Universität gestellt zu haben.“Das zeuge von Weitsicht.
Auch Zunftmeister Oli Venus setzte seine Karriere als scharfzüngiger Kommentator fort und sprach von so manchen Höhepunkten des
„Wir suchen Bademeister, keine Hallensprecher.“
Häfler Stadtlebens. Außer seinem Vorschlag, das Negerbad wegen der politischen Korrektheit „Ernst Neger-Bad“zu nennen, sei davon nichts verraten, er wird bei den Bürgerbällen wieder auftreten. Schließlich war es der neue Eferrats-Chef Tino Jäger, der die Idee hatte, der Elferrat könne die Zeppelin-Apotheke übernehmen. Da seien so viele Handwerker, Juristen, Gastronome und erfahrene Männer beisammen, dass man die „geschenkte“Apotheke zu einem glorreichen Haus in der Stadt machen könne – auf eigene Kosten.