Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Hohe Qualität zum Nulltarif
Chinesisches Ballett bezaubert Publikum im GZH
FRIEDRICHSHAFEN - Freitagabend wurde den Zuschauern im HugoEckener-Saal des Graf-ZeppelinHauses großes Ballett zum Nulltarif geboten: Das Suzhou Ballet Theatre aus China war zu Gast und gab sein einziges deutsches Gastspiel als Zusatzstopp während seiner Tournee durch die Niederlande. Auf der Bühne zeigten sie eine der bekanntesten Liebesgeschichten der westlichen Welt: Romeo und Julia. Die Choreografen Ying Li und Jiabin Pan haben in ihre Version des Klassikers chinesische Elemente eingearbeitet. Seit ihrer Gründung im Jahr 2007 hat sich die Compagnie nämlich Interkulturalität auf die Fahnen geschrieben.
Doch kann man das so einfach mischen? Julia mit einem Fächer, Romeo mit einer Maske aus der Pekingoper. Eine Tanzszene mit kreisrunden Schirmen, eine andere mit weißen Fächern, die geschickt eingesetzt zum Taktinstrument werden. Dann wieder dienen die Masken dazu, eine anonyme Masse zu schaffen, ein anderes Mal grenzen sie die rivalisierenden Familien farblich voneinander ab.
Überhaupt versteht das Stück durch Minimalismus zu begeistern. Das Bühnenbild besteht aus einem riesigen Baum, der seine Äste weit über die Bühne reckt. Weiße Elemente werden zu Gebäuden, Abgrenzungen oder verschwinden ganz von der Bühne. Kein Prunk, keine Schnörkel, kein einziges Bisschen zu viel Deko. Im Hintergrund ist mal ein halber Mond projiziert, mal ein Sternenbild, mal strahlt die Fläche blutrot.
Auch die Requisite bleibt trotz der ungewohnten Elemente angenehm zurückhaltend und aufs Wesentliche reduziert. Die Kleidung der Tänzer ist schlicht, meist einfarbig. So liegt der Fokus auf dem Ballett, den taktsicher gesetzten Fußspitzen, den perfekt synchronen Hebefiguren und auch der Mimik der Tänzer.
Im zunächst schüchternen, dann leidenschaftlichen Tanz im Mondschein begegnen sich Romeo und Julia heimlich. Die altbekannte Geschichte nimmt ihren Verlauf. Trotz oder gerade wegen der reduziert modernen Darstellung versteht sie zu fesseln. Julias Einschlafszene, nachdem sie das Gift genommen hat, das sie zur Scheintoten macht, ist einer der Höhepunkte. Getragen und gehalten von schwarz vermummten Gestalten werden ihre Bewegungen immer weniger kontrolliert, bis sie schließlich in ihren tiefen Schlaf sinkt.
Moderne Choreografie
Das gesamte Stück über dienen Körper als Erweiterung der Szenerie. Mal als hockende Beobachter, als Sichtschutz, als Schemen, die Bedrohung signalisieren. Eine rote Rose symbolisiert zu Beginn die Liebe der beiden, sie dient als roter Faden. Geschickt platziert unterstreicht sie die Gefühle, die Tragik und auch das Ende. Fazit: Die moderne Choreografie beweist, wie wunderbar sich Kulturen zusammenbringen lassen.