Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Meilensteine der Kammermusik erklingen
Ungewöhnliches Trio spielt Schuberts Klaviertrios
LANGENARGEN - Von einer deutlichen Steigerung der Besucherzahlen hat Peter Vogel, der künstlerische Leiter der Langenargener Schlosskonzerte, beim ersten Winterkonzert dieses Jahres berichtet. Die 2016 begonnene Ausweitung der Schlosskonzerte auf Winter und Frühjahr trägt bereits Früchte.
Ein besonderer Konzertabend war es am Donnerstag für die zahlreichen Besucher, aber auch für Peter Vogel selbst, denn die Musiker hat er selbst zum Trio zusammengeführt. Üblicherweise lernen sich Kammermusiker beim Studium kennen, gründen eine Formation und wachsen zusammen. Der ukrainische Geiger Andrej Bielow, 1981 geboren, der russische Cellist Alexey Stadler, 1991 geboren, und der türkisch-amerikanische Pianist Özgür Aydin, 1972 geboren, wären auf diese Weise nie zusammengekommen, trennen sie doch jeweils zehn Jahre. Doch Vogel hat ihre Virtuosität, ihre Sensibilität und ihren Tiefgang beobachtet, ihre Konzerte haben die Zuhörer mitgerissen. So kam der Gedanke, die drei, die sich nur flüchtig kannten, zum Trio zu animieren. Erstmals spielten sie mit überwältigendem Erfolg beim Konstanzer Musikfestival 2017, jetzt konnte Vogel sie erneut zusammen einzuladen. Am Vortag war Özgür Aydin aus San Diego zurückgekommen, einen Tag lang haben sie zusammen geprobt und nun ein Konzert der Extraklasse geboten.
Ungewöhnlich war das Programm mit „Meilensteinen der Kammermusik“, wie Vogel sagte. Franz Schuberts Klaviertrios B-Dur op. 99 und Es-dur op. 100 zählen zu seinen letzten und reifsten Werken, tief bewegende Werke von klassischer Meisterschaft, von dramatischer Gewalt und zugleich die lyrische Sprache der Romantik sprechend. Eine Herausforderung sei es für sie, beide Werke an einem Abend zu spielen, bekannte Alexey Stadler. Unglaublich sei, dass ein 35-Jähriger diese Vision entworfen hatte. Und er zeigte, mit dem Cello überm Knie, wie er in Schweden das Volkslied gehört hatte, das Schubert im Es-Dur-Trio aufgenommen hat.
Spielfreude und Gestaltungswille kennzeichneten das meisterliche Spiel. Blicke trafen sich, die Spieler begeisterten solistisch wie als Einheit. Gleich im ersten Klaviertrio erlebte man im Kopfsatz eine Frische, als sei es die Uraufführung eines Komponisten, der lyrischer Romantiker und junger Wilder zugleich ist.
Volkstümlich, liedhaft, überschäumend fröhlich und lyrisch versonnen war das B-Dur Trio mit traumschönem Musizieren im Andante und neckisch hüpfendem Miteinander im Scherzo. Innige Lyrik und unvermittelte Ausbrüche dramatischer Wucht stießen im Schlusssatz aufeinander.
In tief verinnerlichtem Spiel zog das Klaviertrio Es-Dur mit seinen zwingenden Kontrasten von aufgewühlter Dynamik und sehnsuchtsvoller Wehmut vorüber. „Als Seufzer, der sich bis zur Herzensangst steigern möchte“charakterisierte Schumann das zwischen Wehmut und Resignation schwankende Andante.
Als sei alles nur ein böser Traum gewesen, kam unerwartet unbeschwert und mit leichtem Sinn das Scherzando daher. In spannungsvollem Wettlauf genoss man die Spieler bis zum furiosen Finale.