Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Überwältigender Funk gegen den November-Blues
Mit seinem zwölften Studioalbum „World Wide Funk“liefert Bootsy Collins Extravaganz und Ekstase
RAVENSBURG (iau) - Bäng! Schon bei den ersten Takten wird klar: Bootsy Collins neuer Longplayer „World Wide Funk“(Mascot Label Group/Rough Trade) hält nichts von Understatement. Da quillt schon der Titeltrack über vor imposanten, extravaganten Hooklines und perfekt inszenierten Soundarrangements.
Tatsächlich muss man schon nach nur diesem einen Song die vorwurfsvolle Frage stellen, warum Bootsy Collins sich sechs Jahre lang Zeit gelassen hat mit seinem zwölften Studioalbum. Ob er nun tatsächlich vorhatte, den Funk aufzugeben, wie er selbst erzählt, darf doch getrost ins Land der Legenden verwiesen werden. Denn jeder der 15 Tracks auf dem Album trieft dermaßen vor Funk, dass man sich den ekstatischen Beats kaum entziehen kann. Zumal es Bootsy versteht auch andere Einflüsse wie R’ n’ B („Heaven Yes“), Hip-Hop („Hot Saucer“) und Groovegrass („Boomerang“) zu integrieren. Und wenn es denn mal leiser, langsamer sein darf, dann greift der Meister des Custom-Bass auf alles andere als seichte Pop-Elemente („Worth My While“) zurück.
Dass heute der Bass einer der wichtigsten Bestandteile des Funks ist, verdankt die Musikwelt Bootsy Collins. Mit „Bass-Rigged-System“oder „Come Back Bootsy“beweist er auf „World Wide Funk“, dass man mit einem Bass ebenso gut rocken kann wie mit einer Leadgitarre.
Dabei sind die Einflüsse unüberhörbar: Da klingt der Godfather of Soul, James Brown, mit seinen präzise arrangierten Lines ebenso heraus, wie der chaotische Stil von George Clinton. Und dass Bootsy Keyboardspuren seines 2016 verstorbenen Musikerfreunds Bernie Worrell in „A Tribute to Bernie“eingewebt hat, berührt nicht nur, sondern beweist, wie unvergänglich, wie zeitlos Funk ist und stets für einen Sound sorgt, der direkt in die Beine geht und einen das Novembergrau augenblicklich vergessen lässt.
Anspieltipps: „World Wide Funk“, „Pusherman“, „Ladies Nite“, „A Salute to Bernie“, „Come Back“, Bootsy“, „Illusions“.