Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
„Die Kröten für die Deutschen sind zum Teil recht groß“
RAVENSBURG Die europäische Finanzkrise ist offiziell ausgestanden, nun geht es darum, Europa für künftige Krisen zu wappnen. Die EU-Kommission hat dazu eine Reihe von Ideen vorgelegt. Moritz Schildgen spracht darüber mit dem LBBW-Chefvolkswirt Uwe Burkert (Foto: OH).
Herr Burkert, wie bewerten Sie die Vorschläge der EU-Kommission?
Der Vorschlag greift viele offene Themen auf und zeigt einen klaren Weg. Aus wirtschaftlicher Sicht ist die angestrebte Vertiefung bei gleichzeitiger Offenheit gegenüber neuen Mitgliedern wesentlich. Wenn alles umgesetzt wird, ist der Euro noch unumkehrbarer.
Wie wichtig ist ein eigener Währungsfonds für Europa?
In der Eurokrise konnten wir feststellen, wie wichtig eine glaubwürdige, handlungsfähige Institution ist. Der EWF als Fortentwicklung des ESM ist daher der folgerichtige Schritt. Ähnlich wie der IWF muss der EWF aber auch Reformen einfordern und kontrollieren können.
Warum braucht Europa einen eigenen Finanzminister?
Wenn die Bedeutung eines europäischen Haushalts immer wichtiger wird, ist ein europäischer Finanzminister nur konsequent. Wesentliche Voraussetzungen sind aber, dass es klare Zuständigkeiten gibt und die demokratische Legitimation deutlich wird. Dann kann er auch seiner Verantwortung nachkommen, Reformen einfordern und die sinnvolle Mittelverwendung durchsetzen.
Welche Kritikpunkte gibt es an Junckers „Nikolauspaket“?
Es ist stark kommissionslastig. Die Themen sind eng miteinander verknüpft, womit eine Kompromisslösung zu allen Elementen angestrebt wird. Die Kröten, die die Deutschen dabei voraussichtlich werden schlucken müssen, sind zum Teil recht groß.
Welche Kröten meinen Sie?
Neue Instrumente wie europäische besicherte Staatsanleihen, die einheitliche europäische Einlagensicherung, auch Teile der Kapitalmarktunion, die der mittelständisch geprägten Wirtschaftsstruktur Deutschlands zuwider laufen.