Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Rentner kämpft sich durch – mit 381 Euro
Altersarmut zermürbt Herbert M. – Der 75-Jährige muss Müll nach Leergut durchsuchen
FRIEDRICHSHAFEN - Nur ein paar Cent im Hosensack, die Wohnung bitterkalt und in der Seele vereinsamt. So fühlt sich Herbert M. an manchen Tagen. Und mit seiner Altersarmut steht der 75-Jährige nicht alleine da. Hier hilft Häfler helfen. Helfen Sie mit.
Was andere für eine Winterjacke hinblättern, muss dem ehemaligen landwirtschaftlichen Hilfsarbeiter einen Monat lang reichen: 381 Euro. „Das sind nicht einmal 13 Euro am Tag. Wie soll ich damit auskommen?“, fragt sich der Senior, der bei Diakon Ulrich Föhr nicht nur seine Unterlagen auf den Tisch legt, sondern auch sein ganzes Leben. Drei Jahre Seniorenknast haben den hageren Mann heruntergezogen. Das ist spürbar. Und auch Heimerfahrungen haben ihn tief geprägt. Herbert M. tut sich sichtlich schwer, als er vom Missbrauch während der Schulzeit erzählt. Er war eines von elf Kindern. Der Vater geriet auf Abwege. Drei Kinder kamen in ein Heim, das vor Jahren in den Schlagzeilen war. Jahrzehnte danach zahlte die Kirche dem heutigen Rentner eine Entschädigung. Herbert M. zieht ein Schreiben heraus, das dies belegt. Jetzt fristet er sein Leben in seinen vier Wänden und hat wenig zu Lachen. „Wenigstens habe ich noch ein Dach über dem Kopf. Doch weil die Stromrechnungen so hoch sind, nutze ich abends das Laternenlicht und knipse mein Licht aus. Das muss reichen“, sagt der 75-Jährige, der sich mittlerweile mehr und mehr leer und einsam fühlt. Längst ist der Kontakt zu seinen drei Kindern abgerissen. Das zermürbt Herbert M. zunehmend.
Für Diakon Ulrich Föhr macht das Beispiel deutlich, wie es in unserer Gesellschaft auch aussieht: „Altersarmut ist Teil unserer Gesellschaft, den wir nicht ausblenden dürfen. Herbert M. kommt ohne Unterstützung aus dem Kreislauf nicht mehr heraus. An Sparen ist nicht zu denken. Die Altersarmut frisst ihn auf“, macht Föhr deutlich, wie sich der Rentner täglich durchs Leben kämpft. Ohne weitere Unterstützung Herbert M. durch das Stadtdiakonat würde der hagere Mann kaum durchkommen. Kurzum: „An manchen Stellen muss ich einspringen, eine Restschuld abzahlen oder eine Rate übernehmen. Das kann ich dank der Spendenaktion Häfler helfen.“
„Doch weil die Stromrechnungen so hoch sind, nutze ich abends das Laternenlicht und knipse mein Licht aus. Das muss reichen.“
Geld reicht einfach nie aus
„Dennoch bleibt mir nichts anderes übrig, als die Mülleimer in der Stadt nach Dosen abzusuchen. Im Winter ist da fast nichts zu holen“, sagt Herbert M. am runden Tisch. „Das ist schwer und fast unerträglich. Es reich einfach hinten und vorn nicht. Und an ein neues Schermesser für den Rasierer ist fast nicht zu denken. Und das ist nur ein kleines Beispiel.“
Regelmäßig klopft Herbert M. an die Tür von Diakon Föhr. Sein Bitten um Unterstützung und finanzielle Hilfe ist Teil seines Lebens geworden. Für Diakon Föhr ist die Vergangenheit nicht entscheidend, sondern das Hier und Jetzt des Gegenübers. Heute braucht Herbert M. Hilfe, damit er durchs Leben kommt.
Helfen Sie mit: Die Aktion „Häfler helfen“der Schwäbischen Zeitung unterstützt das Stadtdiakonat in Friedrichshafen.