Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Träumen vom Okapi
Ein kleines Dorf im Westerwald ist der Schauplatz von Mariana Lekys berührendem Roman „Was man von hier aus sehen kann“. Die Geschichte handelt von der großen Liebe und vom Tod. Zuweilen ist sie etwas kitschig, doch das macht nichts, denn sie ist wunderbar komisch erzählt.
Wie der Titel vermuten lässt, ist es eine überschaubare Welt. Überraschungen sind freilich nicht ausgeschlossen, zumal auch das Übersinnliche unversehens und schmerzlich in die Realität hineinspukt. Alle wissen, was es bedeutet, wenn Selma von einem Okapi geträumt hat. Dass nämlich jemand aus dem Dorf am nächsten Tag sterben wird.
Die Geschichte, die sich in drei Kapiteln über zwei Jahrzehnte zieht, wird aus dem Blickwinkel von Selmas Enkelin Luise erzählt, die zu Beginn zehn Jahre alt ist. Sie beschreibt in der lakonischen Sprache eines Kinderbuchs Menschen, die sich wie selbstverständlich akzeptieren mit all ihren Skurrilitäten und Peinlichkeiten. Wie sie Luise in ihrer großen Traurigkeit auffangen und später mitfiebern bei ihrer unendlichen Liebesgeschichte mit Frederic. Den hat sie im Wald getroffen, doch er lebt eigentlich als Mönch in Japan. Obwohl es gut möglich ist, dass er sich eines Tages anders besinnt und plötzlich im Dorf steht. Wo es keine heile Welt gibt, nur das Gegenteil von Spießigkeit.
Mariana Leky: Was man von hier aus sehen kann, DuMont Buchverlag, 2017. 315 Seiten, 20 Euro.