Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Tekrum-Gebäck soll wieder werden, was es früher war
Schweizer Biskuit-Hersteller Kambly setzt auf deutschen Markt – Hohe Investitionen in Ravensburger Werk
RAVENSBURG - Seit einem Jahr ist das Konditorei-Tekrum-Werk in Ravensburg nun in Schweizer Hand. Der Feingebäckhersteller Kambly, ein Familienunternehmen mit Sitz in Trubschachen (Emmental), hatte den oberschwäbischen Traditionsbetrieb Anfang des Jahres 2017 vom Vorbesitzer Griesson-de Beukelaer übernommen. Seither hat Kambly viel Geld in den Standort investiert. Auch gebacken wird bereits in Ravensburg. Das Ziel ist, mit den Marken „Kambly“und „Tekrum“die deutschen Gebäckliebhaber zu gewinnen. Und es läuft: Deutschland ist bereits zum zweitwichtigsten Auslandsmarkt des Biskuit-Herstellers aufgestiegen.
Noch schreibt das Kambly-Tekrum-Werk in Ravensburg rote Zahlen. Doch Firmenchef Oscar A. Kambly, der das Familienunternehmen in dritter Generation leitet, ist zuversichtlich. In zwei bis drei Jahren soll die Gewinnzone erreicht werden. Der Umsatz der gesamten Unternehmensgruppe beziffert sich auf 164 Millionen Franken, umgerechnet etwa 140,5 Millionen Euro. Zum Gewinn sagt Kambly nichts. In Ravensburg kommt der Umsatz auf 25 bis 30 Millionen Franken, also auf 21 bis 26 Millionen Euro.
Die Kosten liegen in Ravensburg aber noch weit über der Gewinngrenze – was vor allem an den Investitionen in den Standort liegt. Es ist das erste Werk außerhalb der Schweiz, das die Firma Kambly übernommen hat. Die Mission heißt: Expansion. Welche Summe genau die Schweizer in das Ravensburger Tekrum-Werk gesteckt haben, will Inhaber Oscar Kambly nicht sagen. „Als Familienbetrieb sind wir nicht auf Zahlenmarketing aus – so wie börsennotierte Unternehmen mit kurzem Horizont“, erklärt er. „Wir denken langfristig und setzen auf qualitatives Wachstum.“Eine Mentalität nach dem Motto „Ich kam, sah und siegte“verfolge er nicht, so Kambly.
Produktion erweitert
Fakt ist: Die Anzahl der Produktionslinien in Ravensburg wurden von zwei auf drei aufgestockt. Die Linie eins wurde neu geschaffen, die Linie zwei wird derzeit verlängert. Außerdem hat die Firma Kambly für das Werk einen zweiten Verpackungsroboter angeschafft. Die Mitarbeiterzahl wurde von 169 auf 174 erhöht. „Wir haben in Ravensburg sehr viel Fachwissen, Liebe und Hingabe bei den Angestellten angetroffen“, sagt Oscar Kambly, „das ergänzen wir durch modernste Technologie.“Wenn alles nach Plan läuft, soll bald im Dreischichtbetrieb rund um die Uhr gebacken werden. „Noch beschäftigen wir uns aber mit der Optimierung der Abläufe und Prozesse“, so Kambly-Geschäftsführer HansMartin Wahlen.
In über 50 Ländern ist der Feingebäckhersteller Kambly mit seinen Produkten bereits vertreten – darunter in Europa, Asien, Nahost und Nordamerika. 40 Sorten gibt es insgesamt. Die meisten Abnehmer – außerhalb der Schweiz – hat Kambly in Frankreich. Hier liegt der Marktanteil im Premiumsegment laut Geschäftsführer Wahlen bei 30 Prozent. Zum Vergleich: In Deutschland ist die Zahl bislang nicht einmal zweistellig.
Täglich zehn Millionen Plätzchen
Doch das soll sich ändern. Denn die Schweizer wollen mit der Marke „Kambly“auf den nationalen und mit der Marke „Tekrum“auf den süddeutschen Markt vordringen. Ein erster Schritt in diese Richtung ist getan: So hat Deutschland bereits Italien als zweitwichtigsten Markt verdrängt – und das im ersten Jahr seit der Übernahme des Ravensburger Werks. Je nach Sorte kommen die Produkte entweder aus dem Heimatwerk in Trubschachen oder aus Ravensburg. Zehn Millionen Gebäckstücke rollen täglich vom Band.
Dass die Kunden dafür vorhanden sind, daran zweifelt Firmenchef Oscar Kambly nicht. „Die Menschen sehnen sich nach dem wahrhaft Guten und Echten“, so Kambly, „es geht um hohe, sorgfältige Qualität als ein Stück Lebensqualität, um das Zelebrieren von besonderen Momenten, sich und anderen eine Freude zu bereiten.“Dieses Lebensgefühl wolle der Feingebäck-Hersteller den Menschen „schenken“.
Selbstbewusst in der Nische
Die große Konkurrenz in Sachen Kekse und Gebäck stört den Firmenchef nicht. Zum einen würden sich die Sparten unterscheiden, zum anderen die Taktik. „Wir sind der David im Kampf gegen Goliath“, sagt Oscar Kambly selbstbewusst, „wir haben das Wissen und das Durchhaltevermögen, und wir nutzen die Nische.“
Angesprochen auf die oberschwäbische Traditionsmarke „Tekrum“, die in den vergangenen Jahren ein Auf und Ab erfahren hat, antwortet Oscar Kambly: „Tekrum war nicht mehr erfolgreich, das wollen wir besser machen.“Das Vorhaben der Schweizer ist, Tekrum „zukunftsfähig“zu machen und „auf das Niveau des Konditoreigebäcks“zu heben. „Tekrum soll das werden, was es früher war“, beschreibt Firmeninhaber Kambly.
Wegen der anstehenden Übernahme von Tekrum Anfang 2017 war die Marke im Verlauf des Jahres 2016 aus dem Markt verschwunden. Jedoch: Die Wiederbelebung steht kurz bevor. „Kambly lanciert Anfang 2018 die Marke Tekrum neu“, meint Geschäftsführer Hans-Martin Wahlen. So werden seinen Aussagen zufolge fünf Produkte im Verkauf in Süddeutschland erscheinen.