Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Jahreswechsel unter Polizeischutz
Ordnungskräfte werden an Silvester mit Großaufgebot im Einsatz sein
KÖLN (dpa) - Zwei Jahre nach den Übergriffen in der Kölner Silvesternacht wollen Polizei und Ordnungskräfte in der Nacht zum 1. Januar vermehrt Präsenz zeigen. Die Domstadt ist nicht die einzige Metropole, in der der Jahreswechsel mit massiven Sicherheitsvorkehrungen einhergeht.
Unzählige sexuelle Übergriffe auf Frauen, Diebstähle, Belästigungen: Hunderte Männer, darunter Marokkaner und Algerier, aber auch Syrer und Iraker, begingen in der Silvesternacht 2015/2016 am Kölner Hauptbahnhof Straftaten. Frauen wurden begrapscht, es wurden sogar Vergewaltigungen angezeigt. Die Geschehnisse lösten deutschlandweit eine Debatte über das Frauenbild von Zuwanderern aus. Für die anstehenden Feiern in Köln wird die Sicherheitszone um den Dom nun erneut erweitert. In dem abgesperrten Bereich ist Feuerwerk verboten. Vor allem auf dem Bahnhofsvorplatz will die Polizei außerdem verhindern, dass sich größere Gruppen bilden. Mehr Videokameras und bessere Beleuchtung sollen die Sicherheit erhöhen. „Die Polizei wird rund 1400 Beamtinnen und Beamte einsetzen“, sagte Kölns Polizeipräsident Uwe Jacob. Für den Jahreswechsel rechnen die Behörden mit ähnlich vielen Besuchern wie in den Vorjahren.
Mobile Wachen am Schlossplatz
Auch in Süddeutschland wollen die Ordnungskräfte Konflikte schon im Vorfeld durch eine entsprechende Personalstärke verhindern. In Stuttgart konzentriert sich die Polizei auf den Schlossplatz und um den Hauptbahnhof. Auf dem Schlossplatz sind zwei mobile Wachen in Zelten geplant, zudem setzen die Einsatzkräfte auf Videoüberwachung, um das Geschehen im Blick zu haben. Zivilbeamte werden ebenfalls im Einsatz sein. Auch in Karlsruhe will die Polizei mit mehr Beamten als sonst unterwegs sein. In Ulm kündigte die Polizei an, in einem dem Anlass entsprechend normalen Umfang präsent zu sein. Ruhig dürfte es in Rottweil und Esslingen zugehen: Dort ist in den historischen Stadtkernen privates Feuerwerk verboten – im Gegensatz etwa zur Feinstaub-Hochburg Stuttgart. Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) hatte zwar versucht, ein Verbot zu erwirken, war aber an rechtlichen Grenzen gescheitert. So bleibt ihm nur ein Appell: „Wer der Luft was Gutes tun will, der macht es eben nicht.“
In München, wo es in der Silvesternacht 2015/16 einen Terroralarm gab, ist die Polizei auch in diesem Jahr wieder mit mehr Personal im Einsatz. „Das ist keine Zeit, wo jedem Zweiten Urlaub gegeben wird“, sagte ein Sprecher. Es gebe zwar keine Erkenntnisse über konkrete Gefährdungen. „Eine erhöhte abstrakte Gefährdungslage ist jedoch, wie seit vielen Jahren, weiterhin vorhanden“, hieß es beim Polizeipräsidium. Die Sicherheitsmaßnahmen seien seit Jahren sehr hoch. Zudem seien mehrere sogenannte geschlossene Einheiten im Einsatz, die flexibel und schnell im Stadtgebiet eingesetzt werden können. Richtige Großveranstaltungen gibt es in München zwar nicht, zentrale Plätze mit guter Aussicht wie am Friedensengel, im Olympiapark und auf dem Marienplatz seien aber jedes Jahr gefragt, sagte der Sprecher. Darüber hinaus machte das Präsidium auf einen unliebsamen Trend aufmerksam: „In den letzten Jahren wurden wir vermehrt mit dem Phänomen konfrontiert, dass Pyrotechnik aus feiernden Gruppen heraus gezielt auf andere Personen abgefeuert wurde. Das sind keine Späße, sondern schwere Straftaten, die gravierende Verletzungen verursachen können.“Auch in Köln waren in der Silvesternacht 2015/2016 Menschen mit Böllern beschossen worden.
Besonderer Schutz für Berlin Nicht nur in Köln, auch in Hamburg wurden vor zwei Jahren Frauen in der Silvesternacht belästigt. Rund ein Jahr nach dem Jahreswechsel hatte die Staatsanwaltschaft 245 Ermittlungsverfahren eingeleitet, 410 Frauen sollen geschädigt worden sein. Da sich dieses Szenario vergangenes Jahr nicht wiederholt hat, will sich die Polizei an ihrem damaligen Einsatzkonzept orientieren.
Rund 530 Beamte waren 2016 laut Polizei an zentralen Punkten wie der Reeperbahn im Einsatz. Neben der neuen Videoüberwachung am Jungfernstieg wird es dieses Jahr zusätzlich eine zweite mobile Wache in der Nähe der Reeperbahn geben. Zudem sollen dunkle Orte ausgeleuchtet werden und Absperrgitter bereitstehen.
In Berlin sagt die Polizei üblicherweise vor großen Veranstaltungen nichts Konkretes zu den Sicherheitsvorkehrungen. Klar ist aber, dass gerade die große Silvesterfeier am Brandenburger Tor wie in den vergangenen Jahren besonders geschützt wird. Es gibt laut Ankündigungen der Polizei Betonpoller, Barrikaden oder andere Absperrungen wie quer gestellte Polizeiwagen an den Zufahrtsstraßen. Die Fahrzeuge der Lieferanten werden kontrolliert und das ganze Gelände auf der Straße des 17. Juni ist umzäunt. Die Besucher der Feier sollen ebenfalls streng kontrolliert werden. Große Taschen oder Koffer sind verboten. Polizisten in Zivil und private Wachleute werden in der Partymenge unterwegs sein. Vor einem Jahr, direkt nach dem islamistischen Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz, setzte die Berliner Polizei insgesamt 1700 Kräfte an gefährdeten Orten ein. Panzerwagen waren deutlich sichtbar am Brandenburger Tor aufgestellt, auch Polizisten mit Maschinenpistolen waren zu sehen.