Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Alles bloß kein Fritzle II
Heimkehrer Mario Gomez will in Stuttgart angreifen und kein Gute-Laune-Bär sein
LA MANGA (dpa/SID) - Mario Gomez ist geduldig geworden. Interessiert und mit einem Schmunzeln hört der Nationalspieler seinem neuen Chef Michael Reschke zu, ehe er selbst seinen überraschenden Wechsel vom VfL Wolfsburg zu seinem Heimatverein VfB Stuttgart erklärt. „Manchmal denke ich, wenn ich die Gelassenheit von jetzt vor fünf, sechs Jahren gehabt hätte, hätte ich noch mehr rausholen können. Aber ich bin noch nicht fertig, ich kann auch noch ein bisschen“, erzählt der 32 Jahre alte Stürmer im Trainingslager in Spanien und betont in Anspielung auf das Maskottchen der Schwaben: „Ich habe das nicht gemacht, um hier beim VfB den Gute-Laune-Bär zu spielen oder Fritzle II zu machen und hier in Rente zu gehen.“
Der polarisierende Angreifer hat noch Ziele – vor allem die WM in Russland. „Ich habe den sportlichen Ehrgeiz, hier ein gutes halbes Jahr zu haben, auf den Sommer gesehen. Und dann sehen wir weiter.“In Wolfsburg, erklärt der gebürtige Riedlinger, habe es zu viele Schulterklopfer gegeben, „egal, wie ich gespielt habe. Ich hatte das Gefühl, ich brauche diese Veränderung.“Die Situation seines Jugendvereins, bei dem er bis 2009 schon acht Jahre spielte und 2007 Meister wurde, sei der Reiz, den er nun haben wolle. „Ich bin mega happy, hier zu sein“, betont Gomez im TrainingslagerHotel in La Manga.
Im Gegensatz zu Bayern-Neuzugang Sandro Wagner, seinem Rivalen um die zentrale Stürmerposition im DFB-Team, besprach sich Gomez vor dem Transfer nicht mit Bundestrainer Joachim Löw. „Er war wohl genauso überrascht wie alle anderen“, sagt Gomez. „Nur mit dem ganz engsten Kreis, meiner Frau, meiner Familie und meinen besten Freunden habe ich den Wechsel besprochen.“Die Entscheidung traf er allein.
Seine Referenzen sind exzellent, wenn auch etwas angestaubt. Er ist Champions-League-Sieger, dreimal deutscher Meister, zweimal DFB-Pokalsieger, war in Deutschland und der Türkei Torschützenkönig, kommt für den VfB, Bayern München und Wolfsburg auf 155 Tore in der Bundesliga – erzielte in der Hinrunde für den VfL Wolfsburg aber nur einen Treffer.
Reschke: „Ein Quantensprung“
Dennoch sind sich sowohl Gomez, der im Frühjahr Vater werden wird, als auch VfB-Sportvorstand Reschke sicher, dass mit dem Wechsel viele weitere für den Aufsteiger folgen werden. „Mario wird in der Rückrunde seine Tore schießen. Davon sind wir überzeugt“, sagt Reschke im Hotel in La Manga. „Er ist ein absoluter Mentalitätsspieler, der unsere Mannschaft entscheidend besser machen wird. Das ist ein Quantensprung.“Trainer Hannes Wolf findet es derweil „supercool, dass Mario bei uns ist. Es geht darum, dass wir ihm die Möglichkeit geben, seine Qualität auszuschöpfen“, sagte er der „Bild“Zeitung und berief den Stürmer postwendend in den Mannschaftsrat.
Lediglich 13 Treffer brachte der VfB bisher zustande, verteilt auf den zum 1. FC Köln abgewanderten Simon Terodde (3), Chadrac Akolo (4), Daniel Ginczek (2), Anastasios Donis (1), Takuma Asano (1), Benjamin Pavard (1) und Holger Badstuber (1). „Dass wir in der Abteilung Torgefahr das ein oder andere Defizit hatten, das war uns relativ früh klar“, erklärt Reschke. In den vier letzten Spielen gab es gar überhaupt keinen Treffer. Kommentar Gomez: „Ich hab in den letzten vier auch keins gemacht.“Die Theorie: „Minus mal Minus gibt Plus.“
Gomez ist sich der hohen Erwartungen bewusst. Aber sie scheinen ihn nicht zu kümmern. „Ich bin nicht hier, weil ich 2007 Meister wurde mit dem VfB. Sondern, weil die Konstellation, wie sie ist, mir den Reiz gibt.“Wenn es am 13. Januar im Heimspiel gegen Hertha BSC um die ersten Punkte geht, will Gomez möglichst sofort helfen. „Jetzt bin ich in einer Phase, wo nicht mehr Barcelona kommt und mich haben will“, räumt er ein, aber: „Von meiner Leistungsfähigkeit passe ich gut hierhin und kann der Mannschaft helfen.“Die sei im Übrigen stark besetzt: „Ich bin ja nicht komplett wahnsinnig. Wenn ich gesehen hätte, die Mannschaft hat keinen Stich, dann hätte ich es nicht gemacht.“