Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Golden Globe für „Aus dem Nichts“
Golden Globe für Fatih Akin – Hauptpreis für Drama um Polizeiwillkür
Großer Erfolg für den deutschen Regisseur Fatih Akin: Der 44-Jährige ist für seinen Thriller „Aus dem Nichts“über den NSU mit dem Golden Globe für den besten fremdsprachigen Film ausgezeichnet worden. Der Hamburger dankte seiner Hauptdarstellerin Diane Kruger (links/Foto: AFP) bei der Annahme der Trophäe in Beverly Hills mit den Worten: „Das ist deine!“Die Preisverleihung stand dieses Jahr im Zeichen der Missbrauchsdebatte: Die meisten Stars kamen in Schwarz gekleidet, um ein Zeichen gegen sexuelle Übergriffe in der Branche zu setzen. Auch Akin und Kruger passten sich an.
LOS ANGELES (dpa) - Der deutsche Regisseur Fatih Akin hat für sein NSU-Drama „Aus dem Nichts“einen Golden Globe gewonnen. Der 44Jährige wurde in der Nacht zum Montag mit dem Preis für den besten nicht-englischsprachigen Film geehrt. Es ist der erste Globe für einen deutschen Film seit acht Jahren. Die Hauptpreise in den wichtigsten Kategorien gingen an das Polizeidrama „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“und die Tragikomödie „Lady Bird“. Zahlreiche Prominente nutzten die Show für Proteste gegen Sexismus und lieferten Beiträge zur Missbrauchsdebatte.
„Wahnsinn! Unglaublich, ich kann es gar nicht fassen! (…) Ich hab das nicht erwartet, ganz ehrlich“, sagte Akin kurz nach der Verleihung. „Es ist sehr surreal gerade, aber schön, sehr schön!“Den Preis wolle er zu seinen anderen Auszeichnungen in sein Büro stellen. Ihm sei der Golden Globe aber vor allem aus einem anderen Grund wichtig: „Ich denke, dass so ein Preis die Aufmerksamkeit auf den Film lenkt und den Film nochmal attraktiver macht für Zuschauer.“Es gehe darum, das Thema NSU-Anschläge im Bewusstsein aktiv zu halten. „Das ist das Wichtigste und Beste an so einem Preis.“
„Aus dem Nichts“, der in diesem Jahr auch der deutsche Oscar-Kandidat ist, erzählt von einer Frau, die bei einem Anschlag in Hamburg ihren türkischen Ehemann und den gemeinsamen Sohn verliert. Wenig später wird ein Neo-Nazi-Paar verhaftet und angeklagt. In der Hauptrolle brilliert die in Niedersachsen geborene Diane Kruger. Für den 41-jährigen Hollywoodstar war es die erste Kinorolle auf Deutsch. Zuletzt hatte 2010 das Schwarz-Weiß-Drama „Das weiße Band“des österreichischen Regisseurs Michael Haneke den AuslandsGlobe nach Deutschland geholt.
Der eigentliche große Gewinner bei den Globes war allerdings „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“. Das Werk des Iren Martin McDonagh wurde nicht nur als bestes Drama ausgezeichnet, sondern gewann auch noch drei weitere Trophäen, darunter die für Frances McDormand als beste Hauptdarstellerin. Die 60-jährige US-Amerikanerin spielt in dem Independent-Film eine Mutter, die den Mord ihrer Tochter aufgeklärt haben will und gegen die inkompetente Polizei kämpft. „Three Billboards Outside Ebbing, Missouri“, der am 25. Januar in den deutschen Kinos anläuft, prangert zudem Polizeiwillkür und Rassismus an.
Galagäste ganz in Schwarz
Auch sonst gab es an diesem Abend viel Politisches: Wichtiges Thema waren die Benachteiligung von Frauen sowie die Debatte um Missbrauch, die Hollywood seit Monaten beschäftigt. Als Zeichen der Solidarität mit der #MeToo-Bewegung kleideten sich die meisten Galagäste ganz in Schwarz; auf der Bühne forderten viele zum Kampf für die Gleichstellung von Frauen auf. Stars wie etwa Emma Watson und Michelle Williams wurden von Frauen-Aktivistinnen begleitet, darunter Tarana Burke, die die #MeToo-Bewegung gegen sexuelle Übergriffe gestartet hatte.
Bei den Globes werden traditionell auch Preise in der Kategorie Beste Komödie/Musical verliehen. Dort gewann die Tragikomödie „Lady Bird“von Regisseurin Greta Gerwig den Hauptpreis; die 23-jährige Saoirse Ronan wurde dafür als beste Hauptdarstellerin ausgezeichnet. Sie spielt in „Lady Bird“eine rebellische Schülerin, die ihrer kleinstädtischen Heimatstadt überdrüssig ist. In derselben Sparte gewann James Franco den Globe als bester Hauptdarsteller: für seine Leistung als exzentrischer Regisseur in der Tragikomödie „The Disaster Artist“, bei der Franco auch Regie führte.
Greta Gerwig selbst war in Hollywoods Männerdomäne übersehen worden – in der Regiesparte waren nur Männer nominiert. Als bester Regisseur gewann der Mexikaner Guillermo del Toro für „Shape of Water – Das Flüstern des Wassers“. Das Fantasymärchen war mit sieben Nominierungen der Favorit des Abends gewesen, erhielt dann aber „nur“noch den für die beste Filmmusik des Komponisten Alexandre Desplat.