Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Spritziges Broadway-Musical besitzt Tiefgang
Euro-Studio Landgraf gastiert mit Version von „Hairspray“
FRIEDRICHSHAFEN - In einer hinreißenden deutschen Inszenierung schickt das Euro-Studio Landgraf derzeit das Broadway-Musical „Hairspray“, eines der weltweit erfolgreichsten Musicals überhaupt, auf Tournee. Auch beim Gastspiel im Graf-Zeppelin-Haus am Sonntagabend haben sich die begeisterten Zuschauer mit Standing Ovations bedankt.
Ein großer beleuchteter Rahmen für die „Corny-Collins-Show“, in der die mollige Tracy gerne tanzen will, davor ein paar runde Podeste und Stufen, mehr braucht es nicht als Dekoration für ein herrlich buntes, quirliges Musical, das neben einem spritzigen Mix aus Motown, Rhythm and Blues und Rock’n’Roll und mitreißenden Song-Hits auch eine Botschaft mit sich bringt, zu gesundem Selbstbewusstsein gegen alle Diskriminierung aufruft.
Die Schülerin Tracy ist eigentlich viel zu dick, um sich als Siegerin im Wettbewerb um die „Miss Teenager Hairspray“in ihrer Lieblings-Show auf der Bühne zu sehen, was ihr die Managerin Velma von Tussle (Nicole Rössler) auch gleich knallhart entgegenschleudert. Doch mit dem Rückhalt der Eltern – „Wer Großes werden will, braucht große Träume“– ihrem eigenen starken Willen und unbändigen Temperament setzt sich die Teeenagerin durch, gegen alle Hindernisse, die ihr Velma in den Weg legt, die selbst gern ihre zickige, unfähige Tochter Amber (Maja Sikora) vorschieben möchte.
Schwarze und Weiße gemeinsam
Doch nicht nur das: Tracy schafft es auch, dass die Schwarzen, die bisher an einem einzigen „Negro Day“in der Show auftreten und nun ganz verbannt werden sollen – wir sind in den Sechzigerjahren – künftig immer zusammen mit den Weißen auftreten dürfen.
Herrlich lebendig und spritzig haben Regisseurin Katja Wolff und Choreograph Christopher Tölle das Musical umgesetzt, bestens charakterisieren Heike Meixners Kostüme die verschiedenen Typen, das unterdrückte Mäuschen Penny (DeviAnanda Dahm), das sich zum stolzen Schwan entwickelt, ebenso wie die selbstbewusste schwarze Sängerin Motormouth Maybelle oder Tracys Mutter Edna, die von der frustrierten Hausfrau in Kittelschürze zum Model wird. Wie im Broadway-Original spielt auch hier mit Andrea Matthias Pagani ein Mann die schwergewichtige Mutter mit dem Herzen am rechten Fleck.
Vater Wilbur (Claudius Freyer) schlägt sich mit Scherzartikeln durch – sehr schön ist sein Liebesduett mit seiner Frau Edna – „Schatz, du bist zeitlos für mich“– und mit Freuden verfolgt er den Weg seiner Tochter Tracy, die Beatrice Reece mit viel Temperament alle Höhen und Tiefen erleben lässt, bis sie endlich in ihrem Schwarm Link (Krisha Dalke) die Liebe findet. Dank ihr ist Link vom aufstrebenden Show-Liebling zum Mann geworden. Auch die Schwarzen des abgelehnten „Negro Day“sind nun mittendrin, beleben mit sprühender Lebenskraft das Spiel, allen voran Monica Lewis-Schmidt als strahlende Maybelle mit umwerfender Stimme und ihr drahtiger Sohn Seaweed (Riccardo Haerri), den zuletzt sogar Pennys strenge Mutter akzeptiert. Viele wären noch zu nennen, die hier in Spiel, Gesang und Tanz eine knallbunte, herzenserwärmende Show hinlegten. Mit ebenso viel Power hat die Live-HairsprayBand unter der Leitung von Heiko Lippmann das Musical begleitet.