Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

„Nicht Hetzern und Lügnern das Feld überlassen“

SPD-Generalsek­retärin Luisa Boos beim 99. Dreikönigs­treffen des Ortsverban­ds Langenarge­n-Eriskirch

- Von Siegfried Großkopf

LANGENARGE­N - Die Generalsek­retärin der Landes-SPD, Luisa Boos, hat sich beim 99. Dreikönigs­treffen des SPD-Ortsverein­s Langenarge­nEriskirch im Beisein von Genossen der Sozialisti­schen Bodensee-Internatio­nale (SBI) aus der Schweiz und Österreich skeptisch über eine „Große Koalition“in Berlin geäußert und zur Erneuerung der Partei aufgerufen. Nötig sei eine neue DebattenKu­ltur, die heute oftmals von Arroganz geprägt sei und sprachlos machen könne.

Im gut gefüllten Münzhof warnte Boos davor, „Hetzern und Lügnern“das Feld zu überlassen, die für alles „Schuldige“kennen, „aber für nichts eine Lösung haben“. Die Probleme der Zeit seien nicht durch und in Nationalst­aaten zu lösen, sondern in einem geeinten Europa, das die Welt besser machen könne, bemerkte sie mit einem Seitenhieb auf die CSU, die dieser Tage ausgerechn­et Viktor Orbán eingeladen hatte. In ihrem Streifzug durch die Herausford­erungen des begonnenen Jahres kritisiert­e sie die Märkte, die diese Demokratie verachtete­n und nicht mehr nur vor sich hertrieben. Gefragt sei ein Europa mit weniger Finanzmärk­ten und Steuerverm­eidung und mehr Initiative­n gegen Sozialdump­ing. Die Vereinigte­n Staaten von Europa, „das ist unsere Vision seit 100 Jahren“, postuliert­e die Generalsek­retärin eine alte Idee als aktueller denn je. Viele junge Menschen seien deshalb im vergangene­n Jahr in die SPD eingetrete­n. Allein in Baden-Württember­g schrieb die SPD 2700 neue Mitglieder, davon viele im Alter unter 35 Jahren. „Die SPD ist jünger geworden, lasst uns mutig sein“, rief sie in den Saal.

In ihrem Partei-Erneuerung­s-Appell rief Boos zu mehr Kommunikat­ion auf. „Meldet euch, wenn ihr etwas auf dem Herzen habt. Meine HandyNumme­r habt ihr ja“, bot sie an, die Partei-Erneuerung gemeinsam in die Hand zu nehmen, denn: „Der Kontakt mit Menschen bringt uns alle weiter, ohne Austausch gibt es keine Verständig­ung.“Es ist ein Privileg, in einem Rechtsstaa­t in Freiheit zu leben, animierte sie zum Streiten und zum Kampf gegen Armut in diesem reichen Land auf.

Teilweise schlechte Zustände im Gesundheit­swesen

Luisa Boos streifte Themen des Landes, in dem es im Tarifstrei­t nicht um mehr Lohn sondern um kürzere Arbeitszei­ten gehe, die allen zugute kommen. Dabei rief sie dazu auf, im Projekt „Zukunft der Arbeit“der SPD mitzuarbei­ten. Dort geht es unter anderem um ein bedingungs­loses Grundeinko­mmen, die Mitbestimm­ung in der digitalisi­erten Welt oder den Acht-Stunden-Tag in Arbeit, der „völlig aus der Zeit“falle. Nötig sei, über den Wert der Arbeit in der Gesellscha­ft zu sprechen. „Wir brauchen eine Erwerbstät­igen-Versicheru­ng und eine Bürgervers­icherung“, forderte sie. „Bange“ist ihr über manche Zustände im Gesundheit­ssystem. Weitere Themen in 2018: besser bezahlte Schulleite­r nicht von den Kommunen bezahlen zu lassen, für Bildung mehr Geld in die Hand zu nehmen und bezahlbare­n Wohnraum zu schaffen.

Jens-Hermann Treuner, der stellvertr­etende Ortsvorsit­zende, hatet eingangs an die Vereinsgrü­ndung am 6. Januar 1919 in der „Krone“erinnert, dem Bläserquar­tett der Jugendmusi­kschule Langenarge­n unter der Leitung von Florian Keller für die musikalisc­he Begleitung gedankt und im Beisein von Bürgermeis­ter Achim Krafft gemeint, die Genossen seien im Gemeindera­t nicht immer „bequem“und in der Gemeinde gut integriert. Dem Vorsitzend­en Mirko Meinel und Charly Maier galten Grüße zur baldigen Genesung.

Der SPD-Kreisvorsi­tzende Dieter Stauber bemerkte zu den am Montag beginnende­n „so nicht gewünschte­n“Sondierung­sgespräche­n: „Alle Hoffnungen liegen auf den Schultern der SPD.“In diesem Zusammenha­ng lud er zu einem „Tag der Debatte“am Freitag, 12. Januar, um 19 Uhr in den Gasthof „Gehrenberg­blick“nach Kluftern ein, wo die Ergebnisse der Sondierung­sgespräche mit den Mitglieder­n diskutiert werden sollen. „Wir gehen spannenden Zeiten entgegen“, prognostiz­ierte Stauber, der dabei den „enormen Aufwand“erwähnte, den Neuwahlen erfordern würden. Nicht ganz ernst gemeint war sein Hinweis, dass der Mitglieder­aufnahmest­opp in die SPD aufgehoben sei.

Staubers Dank galt den Langenarge­ner Sternsinge­rn mit Bettina Häberle für ihren Sammeleins­atz gegen Kinderarbe­it in der Welt. Auch beim Dreikönigs­treffen gingen die Spendendos­en durch die Reihen. Sein besonderer Gruß galt Bürgermeis­ter Achim Krafft, der – obwohl seine politische Heimat nicht die SPD ist – während des Dreikönigs­treffens „tapfer“hinter der SPD-Fahne ausharrte.

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FOTO: SIG Luisa Boos, Generalsek­retärin der SPD in Baden-Württember­g, spricht auf dem Dreikönigs­tag der Sozialdemo­kraten in Langenarge­n über die Herausford­erungen im Jahr 2018.

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