Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Olympisches Tauwetter
Die Gefahr ist gebannt, der olympische Frieden scheint gesichert. Nordkorea wird die Winterspiele in Pyeongchang weder boykottieren, noch – sehr wahrscheinlich – durch Atom- oder Raketenstarts stören. Sportlich ist das Ergebnis der ersten innerkoreanischen Gespräche seit 2015 vergleichsweise marginal, denn das infrage kommende Eiskunstlaufpaar wird nicht für Schlagzeilen sorgen. Aber auf der koreanischen Halbinsel werden auch Selbstverständlichkeiten in der Politik zu Besonderheiten.
Es war schon eine grenzwertige Entscheidung des Internationalen Olympischen Komitees, die Spiele 2018 nur 80 Kilometer entfernt von der gefährlichsten Demarkationslinie der Welt abzuhalten. Immerhin hat ausgerechnet diese riskante Merkwürdigkeit dem innerkoreanischen Dialog ein Tauwetter beschert. Selbst US-Präsident Donald Trump findet es plötzlich richtig und wichtig, dass Nord- und Südkorea wieder miteinander sprechen.
Dabei wird jedoch leicht übersehen, dass sich beide miteinander verfeindeten Staaten früher schon viel weiter angenähert hatten. Vor gut zwei Jahrzehnten sorgte die von Südkorea initiierte „Sonnenscheinpolitik“zumindest vorübergehend für einigermaßen Entspannung. Hunderttausende südkoreanische Touristen besuchten den Norden, später fand in der gemeinsamen Industriezone Kaesong so etwas wie eine ökonomische Wiedervereinigung statt.
All das liegt nun auf Eis. Stattdessen versetzt Nordkoreas Diktator Kim Jong-un die Welt als „Raketenmann“in Angst und Schrecken. Jetzt muss man es bereits als „leichte Aufheiterung“bezeichnen, dass Kim überhaupt wieder mit sich reden lässt. Die internationale Gemeinschaft scheint sich damit abzufinden, dass Nordkorea auf dem Weg zur realen Atommacht kaum noch zu stoppen ist – jedenfalls nicht friedlich. Im Klartext: So wichtig das Treffen im Grenzkontrollpunkt Panmunjom für Olympia auch ist, dabei wurde kein einziges Gewehr abgerüstet. Entscheidend ist nun, ob das olympische Tauwetter die Winterspiele tatsächlich überdauert.