Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ein verspätetes Weihnachtsgeschenk
Berufsjäger rettet entlaufene blinde Katze und bringt sie den Besitzern zurück
KEMPTEN (az) - Nicht schlecht staunte Jörg Finze, Berufsjäger des Forstbetriebes Sonthofen, als er am zweiten Weihnachtsfeiertag unweit seines Hauses im Kürnacher Wald eine völlig abgemagerte Katze im Schnee fand. Das blinde Tier war seinen Besitzern, einem alten Ehepaar, entwischt. Kurz vor Silvester kam es zur Familienzusammenführung.
„Normalerweise“, erklärt Finze, „suchen Katzen recht schnell das
Weite, wenn sie einen bemerken.“
Doch bei diesem
Tier war es anders. „Die Katze registrierte mich und meinen Hund erst in letzter Sekunde und machte dann eine nur halbherzige
Flucht.“Sofort war klar: Sie ist entweder stark geschwächt oder sieht schlecht. Beides bewahrheitete sich.
Da es diesen Winter sehr viel Schnee gibt, war es für den Berufsjäger keine Frage, sich dem hilflosen Tier anzunehmen und es ins Forsthaus im Ulmerthal zu bringen. Die Tage vergingen und der Kater – nach dem Stephanitag „Steph“getauft – wurde kräftiger und fand sich trotz seiner Blindheit immer besser im Haus zurecht.
Ein Tierarztbesuch brachte schließlich ans Licht, dass es sich bei der Katze um ein uraltes Tier handelte. „Den Kälteeinbruch der letzten Woche mit den starken Schneefällen hätte Steph sicher nicht überlebt“, sagt Finze mit besorgter Miene.
Aufgrund einer Tätowierung war nun auch gewiss, dass die Katze jemandem gehören muss. Daraufhin wurden Nachbarn, Freunde und Bekannte abtelefoniert. Tatsächlich gab es einen Hinweis, dass im Kreuzthal seit Wochen eine blinde Katze vermisst wurde. Die Freude bei dem Ehepaar, wo „Dodo“– so der richtige Name – daheim ist, war riesig, als es erfuhr, dass ihr Kater wohlbehalten wieder aufgetaucht war. Nach fast drei Wochen hatten sie damit nicht mehr gerechnet.
So machte sich Finze am 29. Dezember zu Fuß auf den Weg, um Dodo heimzubringen. Denn das Haus der Familie ist mit Fahrzeugen im Winter nicht zu erreichen. „Es war mir zu jeder Zeit klar, dass ich die Katze bei der Witterung nicht sich selbst überlassen kann“, sagt Finze gerührt. „Dass ein Weihnachtsmärchen daraus werden sollte, war dabei nebensächlich.“