Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Kombination von Film und Musik wirkt
Ensemble Ascolta beschließt das Filmfestivals mit „Beschleunigt. Laut. Leise“
FRIEDRICHSHAFEN - Ohne Einleitung oder großes Aufsehen betritt das Ensemble Ascolta die Bühne im Kiesel K42. In seiner Experimentierreihe „der absolute Film“geht es am Montag der Frage nach, „wie gleiche Kurzfilme mit verschiedener Musik unterschiedlich wahrgenommen werden, wie aber wiederum identische musikalische Arbeiten auf unterschiedliche Filme wirken können“. Das Ergebnis: ein Wechsel in der Atmosphäre und der Gefühle, die erzeugt werden. Die Zuschauer sind hin- und hergerissen zwischen Staunen und Entsetzen.
Mit dem Rücken zur Leinwand, den Blick auf den Dirigenten Nicholas Kok gerichtet, positioniert sich das Ensemble an den Instrumenten. Als erster Film wird „Der Vormittagsspuk“(1928) von Hans Richter gezeigt, und das Ensemble leitet ihn mit seltsamen, zunächst ungewohnten Geräuschen ein. Dafür werden nicht nur Instrumente genutzt, sondern unter anderem auch eine Plastikmappe oder das schmatzende Auseinanderziehen der Backen. Tatsächlich klingen die zusätzlich eingesetzten Instrumente von Gitarre bis Klavier oft maschinell und eigentümlich. Man kann sich gar nicht entscheiden, ob man das Geschehen auf der Leinwand oder die Herkunft der Geräusche verfolgen soll.
Das Ensemble spielt mit der Atmosphäre, die erzeugt wird, indem es den ersten Film wiederholt, ihn diesmal aber anders vertont. Das Ergebnis ist eine ganz andere Stimmung, der Film scheint sich zu ändern, es wird eine andere Geschichte erzählt. Die zweite Vertonung des „Vormittagsspuks“ist eher unheimlich und bedrohlich.
Stimmung wie in einem Albtraum
Beim dritten Lauf spielt das Ensemble die vorherige Melodie, legt diese aber unter einen anderen Film, was die Verstörung, die von den Bildern auf der Leinwand ausgeht, unterstreicht. Zuschauer halten sich die Hände vor Augen und Mund, als sowohl eine abgetrennte Hand als auch ein menschlicher Kopf, dessen Zunge leblos über den Asphalt streift, auf der Leinwand erscheinen und dazu die seltsamen Töne erklingen. Bei „Un Chien de Andalou“(Der andalusische Hund, 1929) von Luis Buñuel und Salvador Dalí mischen sich erneut groteske Bilder, wie das Aufschneiden eines Auges, mit fast schon humoristischen Melodien und schaffen eine Stimmung wie in einem Alptraum.
Die ungewöhnliche Atmosphäre gelingt durch die seltsamen oder kontrastierenden Laute in Kombination mit den surrealen Filmen. Man wolle nicht alles musikalisch verdoppeln, was man im Film sieht, so Florian Hoelscher zur Wirkung des Projekts. Kontraste, wie eine heitere Musik bei einem Boxkampf, schaffen den gewünschten Effekt. Nach der letzten Darbietung, die das Ensemble ohne den Dirigenten spielt, endet der Abend wie er begonnen hat: bescheiden und mit einem „Das war’s.“