Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Kinderlos im IT-Job
Berufswahl beeinflusst Familienplanung – Experten fordern bessere Rahmenbedingungen
WIESBADEN (dpa) - Noch immer bleibt jede fünfte Frau bundesweit kinderlos. Neben der Schweiz, Italien und Finnland gehört Deutschland damit allen Bemühungen zum Trotz zu den Ländern mit der höchsten Kinderlosigkeit in Europa. Auf der Suche nach den Gründen nehmen Forscher Beruf und Ausbildung der Frauen als Faktoren in den Blick. Dabei gibt es wegen Elterngeld und besserer Kinderbetreuung Bewegung – aber nicht in allen Bereichen.
Der Anteil kinderloser Frauen stieg von 2012 bis 2016 um einen Punkt auf 21 Prozent. Das Statistische Bundesamt spricht von einer Stabilisierung nach zuvor 30-jährigem Anstieg. Riesige Unterschiede zeigen sich je nach Berufstätigkeit: Blieben etwa nach den jüngsten Zahlen Frauen mit Jobs in der Informationsund Kommunikationstechnik zu 40 Prozent kinderlos, waren es im Bereich der Reinigungsberufe nur neun Prozent.
Insgesamt entscheiden sich mehr Akademikerinnen als früher für die Gründung einer Familie mit Kindern. Der Anteil kinderloser Frauen sank hier von 28 auf 27 Prozent, in der Gruppe der Beamtinnen, Richterinnen und Soldatinnen sogar von 29 auf 24 Prozent. Dies zeige, dass die familienpolitischen Maßnahmen der vergangenen zehn Jahre – mit Blick auf Elterngeld und Kinderbetreuung – greifen, sagt der stellvertretende Leiter des Staatsinstituts für Familienforschung an der Uni Bamberg, Harald Rost. Die wichtige Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei dadurch deutlich gestiegen.
Damit noch mehr Paare ihren Kinderwunsch umsetzten, sollte es eine verlässliche Betreuung nach der Schule sowie abends und am Wochenende geben, sagt der Soziologe: „Dies gilt auch mit Blick auf Alleinerziehende und darauf, dass immer mehr Mütter arbeiten. Auch die finanzielle Absicherung von Familien sollte verbessert werden, um dem Vorurteil entgegenzuwirken, dass Kinder ein Armutsrisiko sind.“
Während die Entwicklung bei den höher gebildeten Frauen positiv sei, sieht es bei denen mit niedrigeren Abschlüssen anders aus, sagt Sebastian Klüsener vom Max-Planck-Institut. Die Statistik zeigt bei den angestellten, selbstständigen und freiberuflichen Frauen ohne akademischen Abschluss keine Bewegung, unter den Arbeiterinnen stieg der Anteil der Kinderlosen von 15 auf 16 Prozent. Zu den Gründen zählen die Forscher unsichere Arbeitsverhältnisse, die langfristige Planung und damit die Entscheidung für Familie und Kinder erschwerten: „Diese Personengruppen werden von den existierenden Familienpolitiken nur bedingt erreicht, da diese eher auf die Bedürfnisse der Höherqualifizierten zugeschnitten sind.“