Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
USA verschonen EU vorerst bei Strafzöllen
Chinesische Importe werden dagegen um 60 Milliarden Dollar verteuert
WASHINGTON - Während die Vereinigten Staaten ihren europäischen Verbündeten fürs Erste Entspannung im Streit um Zölle signalisieren, wollen sie gegenüber China die Daumenschrauben anziehen, um ein Rekorddefizit im bilateralen Handel abzubauen.
Zunächst war es Robert Lighthizer, der Handelsbeauftragte im Kabinett Donald Trumps, der einen Tag vor Inkrafttreten der Importzölle auf Stahl und Aluminium Ausnahmeregelungen verkündete. Demnach bleiben nicht nur Kanada und Mexiko verschont, beide Partner des Nordamerikanischen Freihandelsabkommens Nafta, sondern auch die Europäische Union, Australien, Argentinien, Brasilien und Südkorea.
Während einer Anhörung im Senat machte Lighthizer am Donnerstag allerdings auch deutlich, dass es sich lediglich um einen zeitweiligen Verzicht auf Zollschranken handelt. Wie lange das Moratorium gelten soll, hängt offenbar davon ab, wie weit die genannten Staaten den USA auf anderen Gebieten entgegenkommen In diesem Sinne habe Trump entschieden, in bestimmten Fällen bei der Einführung von Zöllen eine Pause zu machen. Zuvor hatte Lighthizer vor einem Ausschuss des Repräsentantenhauses einen Zeitrahmen abgesteckt: Man hoffe, die Gespräche mit den Nationen, bei denen man zunächst eine Ausnahme mache, bis Ende April abzuschließen.
Der Präsident des Europaparlaments, Antonio Tajani, sprach beim EU-Gipfel in Brüssel von einem Schritt „in die richtige Richtung“. Die USA und Europa seien in Handelsfragen „zwei Seiten derselben Medaille“, weswegen ein Handelskrieg vermieden werden müsse, sagte Tajani.
De facto kann es aber sein, dass das Oval Office im Falle einer Nichteinigung in fünf oder sechs Wochen die Zölle wieder aus den Schubladen holt. EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und Peter Altmaier (CDU), der deutsche Wirtschaftsminister, hatten zu Beginn dieser Woche in Washington auf eine Aussetzung der protektionistischen Maßnahmen gepocht.
Während die beiden Emissäre immerhin einen Teilerfolg verbuchen können, drohen China neue Handelsbarrieren. Trump unterschrieb am Donnerstagmittag eine Direktive, nach der, so seine eigene Schätzung, chinesische Importe durch Zölle in Höhe von 60 Milliarden Dollar verteuert werden. Anders als bei Stahl und Aluminium, wo Barrieren mit nationalen Sicherheitsinteressen begründet wurden, beruft er sich im Falle Chinas auf die Notwendigkeit, gegen unfaire Praktiken vorzugehen.
Peking, so Trump, betreibe in großem Stil Diebstahl intellektuellen Eigentums. Es zwinge Unternehmen, die auf seinem Markt Geschäfte machen wollten, zum Transfer ihres Know-hows, es sei ein „ökonomischer Aggressor“. Zwar habe er enormen Respekt für den chinesischen Präsidenten Xi Jinping, doch das Defizit im Handel mit China sei das größte, das es in der Weltgeschichte je gegeben habe. Offiziell wird das Minus mit 375 Milliarden Dollar beziffert.
In spätestens 15 Tagen soll Lighthizer nun auflisten, welche Waren aus dem asiatischen Land unter das Zolldekret fallen. Nach Berichten amerikanischer Medien hat die Administration rund 1300 verschiedene Produkte im Visier.