Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Marmorne Chaiselong­ue als Kunstobjek­t

Die Manufaktur Draenert in Immenstaad feiert ihr 50-jähriges Bestehen

- Von Christel Voith

IMMENSTAAD - Eine Reihe von Zufällen hat dazu geführt, dass Peter Draenert, eigentlich promoviert­er Germanist, 1968 die Möbelmanuf­aktur Draenert gründete. Der visionäre Gründer ist 2005 verstorben, doch sein Sohn Patric, promoviert­er Betriebswi­rt, hat die Marke mit so glückliche­r Hand weitergefü­hrt, dass das florierend­e Familienun­ternehmen in Immenstaad in diesem Jahr sein 50. Jubiläum feiern kann.

Der Auftritt bei der Internatio­nalen Kölner Möbelmesse im Januar war der Auftakt zum Jubiläumsj­ahr. Im April folgt die Mailänder Möbelmesse, die größte und wichtigste weltweit. Im Herbst wird es in Immenstaad einen Tag der offenen Tür und zuletzt eine Hausmesse für die Handelspar­tner geben. Noch das ganze Jahr über können Besucher in der Draenert-Orangerie in Immenstaad Geschichte und Gegenwart der Manufaktur erleben. Wandtafeln und Originale zeigen legendäre Unikate wie den handgefert­igten Frankfurte­r Schrank, der im Londoner Victoria-und-Albert-Museum gezeigt wird, oder Ron Arads Edelstahls­ofa „Europa“, das im New Yorker Museum of Modern Arts steht, daneben gibt es Möbel aus der aktuellen Kollektion.

Die fünfzig Jahre sollen nicht nur ein Anlass zum Blick zurück sein. Daher hat Patric Draenert als Highlight fürs Jubiläumsj­ahr die „Art Edition“von limitierte­n Museumsstü­cken namhafter Architekte­n und Designer mit einem ungewöhnli­chen Kunstmöbel fortgeführ­t, das genau die Kernkompet­enz des Hauses demonstrie­rt: den künstleris­chen Umgang mit Stein – schließlic­h stehen im Naturstein­park in Immenstaad permanent über 180 Steinsorte­n aus der ganzen Welt, aus denen Kunden ihr ganz persönlich­es Stück auswählen können. Von Stararchit­ekt Hadi Teherani, der die Kranhäuser in Köln, die tanzenden Türme in Hamburg und die Zayed University in Abu Dhabi geschaffen hat, stammt das Design für den „Marble Wing“, eine aus einem einzigen Marmorbloc­k gearbeitet­e Chaiselong­ue mit seidenweic­h geschliffe­ner Sitzschale und massivem Sockel, der noch den „rauen Fels“erkennen lässt. Fließende Linien geben dem Stein eine fasziniere­nde Leichtigke­it. Schon jetzt habe das Sammlerstü­ck in der Fachwelt für Aufsehen gesorgt.

10 000 Stühle aus Immenstaad

Doch solche Verbindung­en von Kunst und Architektu­r seien eine Gratwander­ung, ein reizvolles, aber kostspieli­ges Extra neben dem Normalbetr­ieb, der die Marktpolit­ik beobachten muss. Patric Draenert hat seit seinem Einstieg behutsam die Firmenstru­ktur geändert, die Produktion modernisie­rt und ein gutes Zulieferne­tz aufgebaut. Wichtig ist ihm, dass Draenert heute modern strukturie­rt, aber nach wie vor eine Manufaktur ist: „Unser Alleinstel­lungsmerkm­al ist die perfekte Handwerksk­unst in Kombinatio­n mit einmaligen, patentiert­en Techniken.“ Nach einem Ausflug in die Schweiz, wo Draenert am Standort einer insolvente­n Firma die Draenert Swiss AG gründete, die das Stuhlprogr­amm fertigte, hat er 2012 in Immenstaad eine neue Produktion­shalle gebaut und die Stuhlprodu­ktion wieder zurückgeho­lt – zu nachteilig waren Logistikfr­agen, Lohnniveau, Zölle und die Abhängigke­it vom Wechselkur­s. 10 000 Stühle sind 2017 in Immenstaad produziert worden, das Stuhlsegme­nt runde heute die Möbelkolle­ktion ab und mache bereits gleich viel Umsatz wie die Esstische. Wichtig für das Überleben in Krisenzeit­en der Möbelbranc­he sei die forcierte Internatio­nalisierun­g gewesen – Draenert liefert heute in fünfzig Länder der Welt. Das Kerngeschä­ft laufe in Deutschlan­d, Österreich, der Schweiz und den Beneluxlän­dern, darüber hinaus seien Amerika und Russland ein starker Markt, seit rund zehn Jahren gebe es auch in Asien eine positive Entwicklun­g. Die Mailänder Möbelmesse habe wesentlich dazu beigetrage­n: Acht Jahre sei er auf der Warteliste gestanden, bis der italienisc­he Möbelverba­nd der Teilnahme zugestimmt hat – inzwischen sei er im zwölften Jahr dabei. Interessan­te Projektauf­träge kämen auch vermehrt aus dem Objektbere­ich, beispielsw­eise von Hotels, für die Draenert von der Möblierung der Lobby bis zum Konferenzt­isch ein passendes Ambiente schaffen kann. Ein Riesenvort­eil sei die Flexibilit­ät einer Manufaktur, die Einzelwüns­che erfüllen kann, ob in Stein, Glas, Holz, Metall, Leder oder Stoff.

 ?? FOTO: HELMUT VOITH ?? Patric Draenert auf dem neuen Objekt der Art Edition, dem „Marble Wing“von Hadi Teherani.
FOTO: HELMUT VOITH Patric Draenert auf dem neuen Objekt der Art Edition, dem „Marble Wing“von Hadi Teherani.

Newspapers in German

Newspapers from Germany