Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Aus sieben mach zwei
Sebastian Vettel und Nico Hülkenberg sind 2018 die einzigen deutschen Fahrer
MELBOURNE - 12 der letzten 24 Weltmeistertitel in der Formel 1 gingen an Michael Schumacher, Sebastian Vettel oder Nico Rosberg. Der Stuttgarter Autobauer Mercedes dominiert seit 2014 den Sport. Und doch geht es mit der Königsklasse des Motorsports hierzulande offenbar bergab: Der Große Preis von Deutschland steht vor einer ungewissen Zukunft, und von einst sieben deutschen Piloten sind nur noch zwei übrig. So wenige waren es zuletzt 1996 mit Michael Schumacher und Heinz-Harald Frentzen.
Für Deutschland starten am Sonntag Sebastian Vettel im Ferrari und Nico Hülkenberg im Renault in die neue Formel-1-Saison. Der 30 Jahre alte Vettel steuert den fünften WM-Triumph an. Für Hülkenberg geht es um das Ende einer leidvollen Serie: Er stand in 135 Rennen kein einziges Mal auf dem Podest.
Dass die beiden als einzige Deutsche übrig sind, hat verschiedene Ursachen. Immer mehr Teams sind auf Fahrer angewiesen, die großzügige Sponsoren mitbringen. Williams schickt 2018 gleich zwei sogenannte Paydriver ins Rennen, die mit ihrem Geld den Rennstall am Leben erhalten: den kanadischen Milliardärssohn Lance Stroll und den russischen Neuling Sergej Sirotkin. Bei Sauber sitzt der Schwede Marcus Ericsson dank eines Konsortiums aus seiner Heimat seit Jahren fest im Sattel.
Immer mehr der nur noch 20 Sitze nehmen Protegés der großen Teams ein. Der monegassische Ferrari-Junior Charles Leclerc ist das jüngste Beispiel. Zum Leidwesen des deutschen Fahrers Pascal Wehrlein aus Worndorf im Landkreis Tuttlingen übernahm Leclerc dessen Platz bei Sauber. Wehrlein fand kein anderes Team und startet nach zwei Jahren wieder in der DTM.
Er ist mit 23 Jahren eine Nachwuchshoffnung, die es 2018 nicht in die Formel 1 geschafft hat. „Schade ist, dass wir derzeit in der Jugend keine offensichtlichen Aspiranten haben, die auf jeden Fall in die Formel 1 kommen werden“, sagt der frühere Weltmeister Nico Rosberg. Einziger Pilot in der zweithöchsten Rennserie Formel 2 ist Maximilian Günther. Der 20-Jährige aus Oberstdorf im Allgäu war in der vergangenen Saison Dritter der Formel 3.
Dort startet in dieser Saison auch wieder Michael Schumachers Sohn Mick. Seine erste Formel-3-Saison hatte er als Zwölfter beendet. Die Formel 1 scheint noch weit weg.
Dabei fuhren im Sog der Erfolge seines Vaters 2010 sieben deutsche Piloten auf den Rennstrecken: Michael Schumacher, Sebastian Vettel, Nico Rosberg, Nico Hülkenberg, Timo Glock und Adrian Sutil. Nick Heidfeld hatte bei seinem Kurz-Comeback fünf Rennen bestritten.
Die Deutschen prägten viele Jahre den Rennsport und fuhren vorne um die Titel mit. Schumacher allein holte sieben WM-Titel und gewann 91 Rennen. Vettel wurde viermal Weltmeister (2010 bis 2013). Doch die Formel-1-Rennen in Deutschland bleiben mittlerweile aus.
Der Nürburgring verzichtete 2015 und 2017 aus wirtschaftlichen Gründen auf die Austragung des Rennens. Hockenheim hat nur einen Vertrag für die geraden Jahre – und der läuft mit dem Grand Prix am 22. Juli aus. „Konkrete Gespräche über das Rennen 2018 hinaus werden wir demnächst aufnehmen“, sagt Georg Seiler, Geschäftsführer der Hockenheim-Ring GmbH.
Dabei steigen die Zuschauerzahlen eigentlich an: „Wir sind sehr zufrieden. Bislang haben wir etwa 50 000 Karten verkauft, das sind rund 30 Prozent mehr als zum gleichen Zeitpunkt 2016.“Doch was heute ein Erfolg ist, hätte man zu Michael Schumachers Zeiten für einen Scherz gehalten. Zwischen 1995 und 2006 wurde alljährlich nicht nur in Hockenheim, sondern auch auf dem Nürburgring gefahren. Die Ränge waren mit mehr als 100 000 Menschen besetzt. Andere, wohl nicht mehr wiederholbare Zeiten.