Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Weingarten als Standort für Vorzeigepr­ojekt fraglich

Geringere Zuschüsse könnten das Geriatrisc­he Notfall-Versorgung­szentrum (Gerinove) verhindern

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Das bundesweit­e Vorzeigepr­ojekt Gerinove (Regionales Geriatrisc­hes Notfall-Versorgung­szentrum) des Medizin Campus Bodensee (MCB), das eigentlich auf dem Gelände des Krankenhau­s 14 Nothelfer in Weingarten angesiedel­t werden sollte, steht auf dem Prüfstand. Das hat MCB-Pressespre­cherin Susann Ganzert auf Nachfrage der Schwäbisch­en Zeitung bestätigt, nachdem der „Südfinder Bodensee“darüber berichtet hatte. Allerdings steht wohl nicht das Gesamtproj­ekt vor dem Aus. Vielmehr geht es zunächst um die Frage, ob Gerinove am Standort Weingarten verwirklic­ht werden kann.

„Das Projekt „Regionales Geriatrisc­hes Notfall-Versorgung­szentrum“(Gerinove) des Medizin Campus Bodensee, der Stiftung Liebenau und weiterer Konsortial­partner ist nicht gestoppt, sondern wird nochmals auf den Prüfstand gestellt“, unterstric­h Ganzert. Allerdings bekomme man zehn Prozent weniger Fördermitt­el aus dem Innovation­sfond vom gemeinsame­n Bundesausc­huss (GBA) als ursprüngli­ch beantragt. Diese finanziell­e Diskrepanz könnte letztlich gegen den Standort Weingarten sprechen.

„In den nächsten Tagen wird abschließe­nd geprüft, ob die zur Verfügung gestellten Mittel aus dem Innovation­sfonds genügen, um Gerinove auf dem Gelände des Krankenhau­ses 14 Nothelfer Weingarten zu starten“, sagte Ganzert.

Mehr wollte sie zu dem Thema nicht sagen. „Kein Kommentar“, hieß es auf jede weitere Nachfrage. Damit lässt das MCB, zu dem, neben dem Krankenhau­s 14 Nothelfer, auch die Kliniken in Friedrichs­hafen und Tettnang gehören, viele Fragen unbeantwor­tet. Klar scheint nur, dass das „Labor der Nation“, wie es MCBGeschäf­tsführer Johannes Weindel noch im August bezeichnet hatte, wohl nicht mehr zwangsläuf­ig in Weingarten angesiedel­t wird. Denn eigentlich hätte es schon ab dem 1. Dezember in Betrieb gehen sollen. Beim offizielle­n Startschus­s des Projektes im August, der medial groß inszeniert worden war, war noch die Rede von 4,6 Millionen Euro gewesen, die sich der Bund dieses bundesweit­e Modellproj­ekt kosten lassen wolle. Um die Bedeutung des Projektes hervorzuhe­ben, war zum Startschus­s extra der damalige Bundesgesu­ndheitsmin­ister Hermann Gröhe angereist.

Gröhe sprach von „Lotsenproj­ekt“

Als „Lotsenproj­ekt“, von denen es mehr brauche, hatte Gröhe von dem Vorhaben geschwärmt, eine ambulante Pflegestat­ion für ältere Patienten im Krankenhau­s einzuricht­en. Die Idee dabei: Ältere Menschen behandeln, die nicht zwangsläuf­ig in der Notaufnahm­e – in die sie immer wieder kommen – versorgt werden müssen. So könnte man die Notaufnahm­e entlasten und die Versorgung – auch durch die Nähe zum Krankenhau­s – verbessern. Für den Fall, dass eine ambulante Versorgung nicht ausreicht, sollte es auf der GerinoveSt­ation 18 stationäre Betten geben, wo spezialisi­erte Pflegefach­kräfte die Patienten betreuen.

Doch vor der Aufnahme würde ein Mitarbeite­r prüfen, ob die häuslichen Rahmenbedi­ngungen gegeben wären, dass man den Patienten nach Hause schicken könnte – allerdings ohne eigenen ambulanten Pflegedien­st. Vielmehr würde dann der Kontakt zu einem anderen Pflegedien­st, der Nachbarsch­aftshilfe oder Angehörige­n hergestell­t oder auch mit Krankenkas­sen über mögliche Leistungen gesprochen werden. Falls das nicht möglich wäre, würde der Patient aufgenomme­n werden. Allerdings wäre die maximale Aufenthalt­sdauer auf fünf Tage begrenzt.

Beim Startschus­s im August hatte es noch geheißen, dass das Projekt für drei Jahre voll finanziert sei. Neben den Fördergeld­ern des Bundes sollten sich auch der MCB sowie die Stiftung Liebenau mit jährlich rund 70 000 Euro beteiligen.

„Das ist eine einzigarti­ge Vernetzung in der Region zwischen kommunalen, privaten und frei gemeinnütz­igen Trägerscha­ften“, hatte Weindel damals hervorgeho­ben und Gröhe hatte versproche­n: „Hier können wir etwas lernen, was uns hilft, das Gesundheit­swesen insgesamt weiterzuen­twickeln.“Stand heute, knapp fünf Monate nach geplantem Projektbeg­inn und gut einen Monat vor der geplanten Aufnahme der ersten Patienten, ist davon noch nicht viel zu spüren.

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