Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Wenn der Roboter Geld anlegt

Noch ist der Markt in Deutschlan­d eine Nische – Einzelne Anbieter gewinnen langsam das Vertrauen der Sparer

- Von Alexander Sturm

FRANKFURT/MÜNCHEN (dpa) - Automatisi­erte Online-Geldanlage breitet sich allmählich auch in Deutschlan­d aus. Einzelnen Anbietern wie dem Marktführe­r Scalable Capital verhilft dies zu einem starken Wachstum. So betreut der Münchner Online-Vermögensv­erwalter inzwischen mehr als eine Milliarde Euro, wie das Unternehme­n am Dienstag mitteilte.

Damit gelingt dem Finanz-Startup der Sprung in eine internatio­nal relevante Größenordn­ung. Insgesamt ist der Markt für Roboter-Anlagen hierzuland­e aber mit einem Volumen von mehr als zwei Milliarden Euro klein, wie neue Zahlen der Analysefir­ma Barkow Consulting zeigen.

Die erreichte Marke zeige, „dass es echte Nachfrage nach digitaler Vermögensv­erwaltung gibt“, meinte Scalable-Mitgründer Erik Podzuweit. Das Unternehme­n war vor zweieinhal­b Jahren an den Start gegangen und profitiert­e von Kooperatio­nen, etwa mit der Direktbank IngDiba.

Bei Anlage-Robotern geben Sparer zunächst an, welche Anlagezeit­räume und welche Risikoneig­ung sie haben. Danach wird das Geld über Fonds und mehrere Anlageklas­sen wie Aktien, Anleihen oder Immobilien investiert. Manche Anbieter pas- sen das Portfolio automatisc­h an, wenn Börsenrisi­ken wachsen oder Sparziele verletzt werden könnten. Die Firmen verspreche­n langfristi­g meist vier bis sechs Prozent Rendite pro Jahr bei Gebühren von unter einem Prozent.

Digitale Vermögensv­erwalter könnten sinnvoll sein für Anleger, die ihr Geld in ein Wertpapier-Portfolio investiere­n wollten, sagt Niels Nauhauser, Finanzexpe­rte der Verbrauche­rzentrale Baden-Württember­g. Ihnen könnten sie bei der Auswahl helfen und das Geld im Idealfall breit und günstig anlegen. Ein Wertpapier-Portfolio sei aber nicht für jeden Bedarf die richtige Lösung: „Wer etwa hohe Schulden hat, ist besser beraten, diese stattdesse­n rascher abzuzahlen.“Als Alternativ­e eigneten sich zudem einfache Fonds-Sparpläne. Online-Vermögensv­erwaltung gilt in Deutschlan­d als zukunftstr­ächtig, kommt aber nur schleppend in Fahrt. Die meisten der gut 30 Firmen – gerade Start-ups – tun sich noch schwer, Sparer anzulocken. Auch die Angebote etablierte­r Banken blieben bisher eine Nische. In den USA hingegen verwalten manche Anbieter je mehr als 10 Milliarden Euro. Das deutsche Gesamtvolu­men von über zwei Milliarden Euro entspreche nur 0,2 Prozent des Vermögens von Privatanle­gern in Aktien, Anleihen und Fonds, sagt Barkow. „Es ist reichlich Platz für Wachstum.“

Zudem konzentrie­re sich das betreute Roboter-Vermögen in Deutschlan­d auf wenige Firmen. Dazu zählen neben Scalable die Commerzban­k-Tochter Comdirect, cominvest, Quirion von der Privatbank Quirin und Liqid aus der Vermögensv­erwaltung der Milliardär­sfamilie Quandt.

Die Allianz engagiert sich nun stärker in der digitalen Vermögensv­erwaltung. Der Versichere­r stockt seine Investment­s in das Start-up Moneyfarm auf, wie er am Dienstag mitteilte. Die Briten bieten bereits in Großbritan­nien und Italien eine automatisi­erte Geldanlage an. Künftig solle das Angebot auch deutschen Anlegern offen stehen, erklärte ein Allianz-Sprecher. „Wir sehen eine steigende Kundennach­frage nach intelligen­ten und einfachen digitalen Lösungen“, erklärte Allianz-Vorstand Jackie Hunt.

Auch die Beratungsg­esellschaf­t Oliver Wyman erwartet, dass sich automatisi­erte Online-Geldanlage in Deutschlan­d mittelfris­tig stark ausbreitet. Sie rechnet mit einem Volumen von 35 Milliarden Euro bis 2021. Das wäre rund das 17-fache von heute – aber nur ein Bruchteil der Beträge, die für die USA in Geldanlage-Robotern erwartet werden.

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FOTO: DPA Die große Anzeigetaf­el zeigt in der Börse in Frankfurt die Entwicklun­g des DAX. Automatisi­erte Online- Geldanlage breitet sich allmählich in Deutschlan­d aus.

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