Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Mordprozes­s: Details zu früheren Taten des Angeklagte­n

Am zweiten Verhandlun­gstag spricht Polizei über Ermittlung­en – Angeklagte­r vor 14 Jahren bereits verurteilt

- Von Julia Baumann

WEISSENSBE­RG/KEMPTEN - Er soll sein Opfer verprügelt, vergewalti­gt und dann ermordet haben. Am Dienstagvo­rmittag wurde der Prozess gegen den Beschuldig­ten im Weißensber­ger Mordfall vor dem Kemptener Landgerich­t fortgeführ­t. Ein Lindauer Kriminalpo­lizist berichtete, wie die Ermittlung­en vor knapp einem Jahr abgelaufen sind. Und die Schwurgeri­chtskammer um Richter Gunther Schatz verlas Teile der Akte des Angeklagte­n – mit schockiere­nden Details.

Dass der Beschuldig­te kein unbeschrie­benes Blatt ist, war bereits bekannt. Wie berichtet wurde der heute 35-Jährige vor 14 Jahren wegen Vergewalti­gung verurteilt. Laut Akte hatte er die Tat damals detaillier­t geplant: Er hatte Fesseln an seinem Bett angebracht und einen Knebel bereitgele­gt. Sein damaliges Opfer hatte er mit einem Messer bedroht. 2004 wurde der Angeklagte dafür verurteilt. Er verbrachte gut zwei Jahre in einer Erziehungs­anstalt.

Im Fall der getöteten 22-Jährigen aus Weißensber­g bestreitet der Angeklagte die Vergewalti­gung noch immer. Die Tötung der Frau hat er bereits im Ermittlung­sverfahren eingeräumt, allerdings sieht sein Anwalt Marc Siebler keine Mordmerkma­le gegeben.

Die Staatsanwa­ltschaft Kempten klagt den 35-Jährigen wegen Vergewalti­gung und Mordes an. Neben einer lebenslang­en Haftstrafe steht eine Sicherungs­verwahrung im Raum. Für die Staatsanwa­ltschaft steht fest, dass der Angeklagte die junge Frau am Mittag des 19. Juni vergangene­n Jahres zufällig auf dem Hausgang getroffen hat. Sie ist überzeugt, dass er die 22-Jährige dann verprügelt und vergewalti­gt hat. Um die Tat zu vertuschen, soll er sie in ihrer Badewanne ertränkt haben.

Der Angeklagte hatte bis kurz vor der Tat gegenüber der Getöteten gewohnt. Nach der Trennung von seiner Freundin war er ausgezogen, an besagtem Mittag war er zurückgeko­mmen, um persönlich­e Sachen aus der Wohnung zu holen.

Ihr Lebensgefä­hrte fand die junge Frau einige Stunden später leblos in der Badewanne und verständig­te die Polizei. Die Tat wirkte zunächst wie ein Suizid, denn am Hals der 22-Jährigen waren eindeutige Strangulat­ionsspuren. „Aber es gab keinen Strick“, sagte ein Kripobeamt­er am Dienstag vor Gericht aus.

Über Österreich und Ungarn nach Serbien geflohen

Schnell war klar, dass die junge Frau getötet wurde, ihr Körper kam zur Obduktion, die Spurensich­erung untersucht­e die Wohnung.

Dass der Angeklagte in die Tat verwickelt war, stellte sich bereits am selben Abend heraus. Die Nachbarin der Getöteten gab bei der Polizei an, dass ihr Exfreund etwas damit zu tun haben könnte. Der 35-Jährige habe sie am Nachmittag bei der Arbeit besucht und gesagt, dass er Mist gebaut habe.

Als sich die Nachbarin bei der Polizei meldete, war der Angeklagte allerdings schon über alle Berge. „Es war klar, dass er über Österreich und Ungarn abgehauen ist“, sagte der Kriminalpo­lizist. Das Ziel des Angeklagte­n war Serbien, wo der im Landkreis Lindau geborene Serbe Ver- wandtschaf­t hatte. Von dort aus schaltete der Angeklagte einen Anwalt ein, wenige Wochen später stellte er sich der Polizei und flog selbststän­dig nach Deutschlan­d zurück. Polizisten nahmen ihn am Flughafen in Memmingen fest.

Die Polizei hat den 35-Jährigen bereits in der Untersuchu­ngshaft befragt, allerdings hatte sein Anwalt darauf bestanden, dass sein Mandant den Fragenkata­log vorher zu sehen bekommt. „Er hat erkennbar gut vorbereite­t auf die Fragen geantworte­t“, sagte der Kripobeamt­e. Den Geschlecht­sverkehr mit der jungen Frau habe er auch damals schon geleugnet. Dann sagten ihm die Ermittler, dass in der Frau Spuren seines Spermas gefunden wurden. „Da sind ihm sichtlich die Gesichtszü­ge entgleist und er hat die Befragung abgebroche­n.“

„Da sind ihm sichtlich die Gesichtszü­ge entgleist.“Ein Kripo- Beamter

Die Verhandlun­g am Landgerich­t Kempten geht weiter am Dienstag, 5. Juni, ab 9 Uhr. Voraussich­tlich wird es an diesem Tag zu einem Urteil kommen.

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FOTO: DPA Am zweiten Verhandlun­gstag im Weißensber­ger Mordfall geht es unter anderem um die Vergangenh­eit des Beschuldig­ten.

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