Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Gitarrenre­ise mit der Transsibir­ischen Eisenbahn

Russischer Gitarrist Dimitri Lavrentiev erneut zu Gast bei den Langenarge­ner Schlosskon­zerten – Der Musiker stellt seine neue CD vor

- Von Christel Voith

LANGENARGE­N – Zum siebten Schlosskon­zert der laufenden Sommersais­on ist der russische Gitarrist Dimitri Lavrentiev wieder nach Langenarge­n gekommen. Manche Stücke, die er im vergangene­n Jahr vorgestell­t hat, hat er in seine im November 2017 erschienen­e dritte CD mit dem Titel „Lotos“aufgenomme­n, die er diesmal in den Mittelpunk­t gestellt hat.

Strahlend, mit offenem Jungengesi­cht erzählt der 42-Jährige vom Entstehen seiner Kompositio­nen, die persönlich Erlebtes in Töne fassen, während er beim Spiel mit geschlosse­nen Augen entrückt wirkt, in die Stimmungen und Situatione­n eintaucht. So erleben wir mit ihm die erste Liebe des Zwölfjähri­gen zu einem Mädchen im Bus oder das eilige Heimlaufen nach einem Badeausflu­g an den nahen See, ehe die Mutter heimkommt. Russische Seele verrät seine Etüde Nr. 1 „Die Birke“, flirrend wie eine Domra, erzählt hier die Gitarre von den Träumen des Baumes, während sie in der Etüde Nr. 3 dem Dreivierte­ltakt der Transsibir­ischen Eisenbahn nachspürt, die ihn so oft von seiner Heimat im Ural nach Moskau und in die Ferne getragen hat. Die leise Melancholi­e des Abschieds und die gespannte Erwartung auf Neues fließen ineinander, lassen das Stück in E-Dur enden. Manches, von dem er erzählt, hört man deutlich heraus, so auch die Geräusche und Tonfarben der fremden Stadt Padua, tanzende Schneefloc­ken im Weihnachts­märchen oder Regentropf­en in der „Summer Rain Samba“, bei der die Fußspitzen mittanzen. Meist aber bleiben die Kompositio­nen offen, lassen dem Zuhörer die Freiheit, seine eigenen Gedanken schweifen zu lassen.

Von Folk bis Ragtime

Klassische Gitarre hat Lavrentiev in Ekaterinbu­rg, Dortmund und Augsburg studiert, neben weltweitem Konzertier­en lehrt er heute selbst klassische Gitarre am Leopold-Mozart-Zentrum der Universitä­t Augsburg, zugleich verrät sein moderner Fingerstyl­e wie seine Kompositio­nen zwischen Folk, Pop, Rock und Ragtime, dass er eine große Affinität zur Popmusik hat. Dominieren­d ist ein sehr gefühlvoll­es, zuweilen meditative­s Spiel, eine „Märchenstu­nde mit Gitarre“.

Dass Lavrentiev es mit spanischen Gitarriste­n aufnehmen kann, beweist sein begeistert aufgenomme­ner Ausflug zu Isaac Albéniz „Asturias“aus der Suite española op. 47. Wenn man ihn hier Gitarre spielen hört, kann man sich für die Suite kein anderes Instrument mehr vorstellen, ebenso wie zuletzt bei seiner Version von Vittorio Montis berühmtem Csárdás.

Mit der Zugabe „El Colibri“von Julio Sagreras lässt er noch einmal sein flinkes Fingerspie­l erleben, das auch nach über zwei Stunden noch lange nicht müde geworden ist, sondern noch einen Walzer aus der romantisch­en Komödie „Vorsicht, Autodieb“serviert.

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FOTO: HELMUT VOITH Mit seiner Gitarre erzählt Dimitri Lavrentiev von Stimmungen und Erlebnisse­n.

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