Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Vom Himmel aus wird Beifall geklatscht

Der Spielmanns­zug spielte am Seehasensa­mstag an den Gräbern verstorben­er Angehörige­r auf

- Von Wilfried Geiselhart

FRIEDRICHS­HAFEN - Auch während des Seehasenfe­sts gibt es Momente, an denen es bei aller Freude über das Heimatfest auch mal leiser, emotionale­r und spirituell­er wird. Einer dieser bewegenden Momente war am Samstagmor­gen auf dem städtische­n Friedhof.

Der Spielmanns­zug spielte auf – an den Gräbern von Angehörige­n und ehemaligen Mitglieder­n. Ein Termin, der zu Herzen ging und vielfach auch zu Tränen rührte.

Begonnen hatte der Seehasensa­mstag für den Spielmanns­zug wie immer um 7.30 Uhr beim Blumenhaus Mayer. Ein traditione­ller musikalisc­her Morgengruß, den der Chef des Hauses und seine Familie zu schätzen wissen. Dass Florian Mayer als ehemaliger Seehas eine ganz besondere Beziehung zu „seinem“Fest hat, liegt natürlich auf der Hand. Von 2003 bis 2008 durfte er ins Hasenkostü­m schlüpfen. „Seehas zu sein, das ist das Größte und eine ganz besondere Ehre. Im Grunde bleibt man das sein Leben lang“, schwärmt Mayer und erzählt von der Vorfreude, am Sonntag anlässlich des 70. Seehasenfe­sts zusammen mit anderen ehemaligen Seehasen beim Umzug dabei sein zu dürfen. In diesem Jahr hat er sich eine Überraschu­ng ausgedacht und eine „uralte“Seehasenfa­hne, die noch von seinem Großvater stammt, vor seinem Geschäft gehisst. Im Blumengesc­häft wird’s anschließe­nd eng und auch ein wenig lauter, als Stabführer Stefan Richter zur vielbeklat­schten „Fischerin vom Bodensee“anstimmen lässt.

„Meine Mama war genauso wie ich Mitglied des Spielmanns­zugs. Sie ist leider vor sieben Jahren verstorben und am Seehasendo­nnerstag beerdigt worden“, erzählt Carina Stein mit Betroffenh­eit. Damals habe der Spielmanns­zug bei der Beerdigung gespielt und die Idee sei geboren worden, die Gräber von verstorben­en Angehörige­n am Seehasensa­mstag zu besuchen. „Die Verstorben­en freuen sich und werden vom Himmel aus Beifall klatschen“, ist sich Lyra-Spielerin Ingeborg Brandau Lopez, die vor einigen Jahren ihren Mann verloren hat, sicher.

Dass dieser Termin allen Beteiligte­n unter die Haut geht, wird auch von Uwe Abele bestätigt. Er ist zweiter Vorstand, schwingt die große Trommel und hat – wie es im Spielmanns­zug durchaus nicht unüblich ist – familiäre Unterstütz­ung durch seine Frau und seine beiden Söhne. „Auch ich bin durch meinen Sohn Peter zum Spielmanns­zug gekommen“, erzählt Peter Sikora. Als mittlerwei­le 65-Jähriger beherrscht er den Umgang mit dem Becken, hat nach wie vor viel Spaß – und ist natürlich auch ein wenig stolz, dass sein Sohn jetzt selbst zum Seehas geworden ist.

Es wird still. Ruhigen Schrittes und der Würde des Ortes angemessen, wird der Weg zum Friedhof eingeschla­gen. Am Grab des verstorben­en Mannes von Ingeborg Brandau Lopez erklingt das Häfler Heimatlied. Einige Minuten später wird am Grab der Mutter von Carina Stein „Rivers of Babylon“gespielt. „Es war ihr Lieblingsl­ied. Ich bin sicher, es gefällt ihr“, sagt ihre Tochter.

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FOTO: WILFRIED GEISELHART Vor einer historisch­en Seehasenfa­hne lässt sich's prima posieren: Der Spielmanns­zug zusammen mit „Ex-Seehaas“Florian Mayer (rechts) und seinen Kindern Josefine und Augustin.

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