Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Wenn Roboter mähen und wässern
Gut fürs Grün, schlecht für Igel und Kinderfüße – Vor- und Nachteile des Smart Gardening
BONN/DÜSSELDORF (dpa) - Gartenarbeit ist schön – und anstrengend. Smart Gardening will genau das ändern. Hier kümmern sich vernetzte und fernsteuerbare Geräte alleine um bestimmte Gartenarbeiten: Mähroboter schneiden den Rasen, und eine smarte Bewässerung versorgt die Pflanzen optimal. Über die Zeitersparnis hinaus bieten die Systeme etliche Vorteile. So lässt sich die Bewässerung bedarfsgerecht und zu den richtigen Zeiten einsetzen, wodurch auch noch Wasser eingespart wird.
Für die vollautomatisierte Gartenbewässerung werden beispielsweise unter- oder oberirdisch Schläuche zur Bewässerung ausgelegt und an Computer angeschlossen, erklärt Joachim Eichner, Vizepräsident beim Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau in Bad Honnef bei Bonn. „Um Wasser effizient zu nutzen, brauche es eine Kombination mit Feuchtigkeitssensoren “, sagt Eichner. „Dadurch wird verhindert, dass der Rasensprenger unnötig aktiv wird.“Außerdem gibt es digitale Lösungen, die Wetterdaten wie Temperatur, Helligkeit und Luftfeuchtigkeit evaluieren und bei Abweichungen die Bewässerungsanlage an- oder abschalten.
Auch ein Rasenroboter benötigt Infrastruktur. „Bevor ein Mähroboter seine Arbeit aufnehmen kann, braucht er ein genau begrenztes Feld. Er soll ja nicht die Staudenflächen abmähen“, erklärt Eichner. Daher wird ein Begrenzungsdraht im Boden verlegt, außerdem ist je nach Standort ein extra Stromanschluss für die Ladestation nötig.
Harald Nonn, Vorsitzender der Deutschen Rasengesellschaft in Bonn, ist von der Arbeitsleistung der Mähroboter angetan: „Sie kürzen die Halme zwar öfter, schneiden aber dafür weniger ab als beim manuellen Rasenschnitt“, erklärt er. Das Schnittgut verbleibt auf dem Rasen und gibt ihm so Nährstoffe zurück. Das ständige Mähen erhöht außerdem die Narbendichte und die Widerstandskraft der Gräser gegenüber Unkräutern und Moos. „Es ergibt sich ein gutes Gesamtschnittbild“, urteilt Nonn.
Gefahr für Kleintiere
Rasenroboter arbeiten, ohne dass der Mensch eingreifen muss. Aber das ist auch ein Problem: Für Igel und andere Kleintiere im Garten sind sie eine Todesgefahr, warnt der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) in Hilpoltstein.
Der Grund dafür: Igel flüchten bei Gefahr nicht. Sie rollen sich blitzschnell zu einer stacheligen Kugel ein. Das hält oft zwar Raubtiere ab, aber nicht Mähroboter. Sie überrollen die Tiere, skalpieren oder zerhäckseln sie gar. Auch Kröten, Eidechsen und Insekten werden erfasst, erklärt die LBV-Igelexpertin Martina Gehret in einer Mitteilung des Verbandes.
Schlechte Noten
Lydia Schübel vom Tierschutzverein München kann zuhauf Bilder von verletzten Igeln vorlegen – und die sind nichts für schwache Nerven. Einigen Tieren fehlt fast das ganze Gesicht, andere haben große Teile ihres Stachelkleids eingebüßt. „Nachts sind Igel auf Beutezug, sie sehen die Maschinen nicht als Gefahr“, sagt die studierte Biologin, die geschwächte oder verletzte Igel wieder aufpäppelt. In den vergangenen Jahren seien immer mehr Igel ins Tierheim gebracht worden, die einem Mähroboter in die Quere kamen. Zumeist von Nachbarn, denn die Tiere versuchten erst einmal, sich verletzt weiterzuschleppen, erklärt die Tierschützerin Schübel. Nur die wenigsten Igel überlebten.
Beim Industrieverband Garten (IVG) in Düsseldorf ist man sich des Problems bewusst. Geschäftsführerin Anna Hackstein erklärt, dass internationale Produktnormen hohe Sicherheitseinrichtungen forderten, beispielsweise starke Sensoren an Bord, die bei Berührungen mit Menschen oder Tieren den Betrieb stoppen. 2016 seien entsprechende Normen bereits verbessert worden.
Stiftung Warentest hat im Frühjahr dieses Jahres acht solcher Roboter auf den Prüfstand gestellt. Keiner war besser als „befriedigend“, obwohl viele von ihnen gut mähten. Denn bei allen gebe es ein Unfallrisiko, vor allem für Kinder, teilte Stiftung Warentest damals mit. Sechs der getesteten Roboter hätten ein stehendes Kind immerhin erkannt, zwei hätten dagegen deutliche Schnitte an einem Kinderschuh hinterlassen. Beide Roboter wurden deshalb mit „mangelhaft“bewertet.
Laut IVG arbeiteten Hersteller und Verband daran, die Maschinen sicherer zu machen. Einige Systeme, die auch den Schutz der Igel verbessern sollen, befinden sich demnach in der Pilot- beziehungsweise Testphase, teilt IVG-Geschäftsführerin Hackstein mit. Aus Sicherheitsgründen sollten die Mäher nicht arbeiten, wenn auf dem Grün gespielt wird.
Die Igel-Expertinnen Martina Gehret und Lydia Schübel appellieren an Gartenbesitzer, Mähroboter nicht nachts laufen zu lassen, die Wiese vor dem Mähen abzugehen und die Maschine bei der Arbeit im Blick zu behalten. Gehret ist sich allerdings bewusst: „Eben damit man beim Rasenmähen nicht zu Hause sein muss, kauft man sich doch so ein Gerät.“Daher wünscht sie sich: „Mehr Mut zur Wildnis im Garten und einfach mal den Mäher im Schuppen stehen lassen.“