Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Religionen suchen in Lindau den Frieden
Weltkonferenz der Organisation Religions for Peace ab 2019 in der Inselhalle
LINDAU - Die Bodenseeregion um Lindau wird in gut einem Jahr im Mittelpunkt des Interesses religiöser und friedenswilliger Menschen stehen. Denn die Organisation Religions for Peace (RfP), die Vereinigung der Weltreligionen für den Frieden mit Sitz bei den Vereinten Nationen in New York, plant in der neuen Inselhalle ihre Weltkonferenz. Teilnehmen werden mehr als 700 Religionsführer und Gläubige aus aller Welt. Es soll solche Treffen danach regelmäßig in Lindau geben.
„Sorge um unsere gemeinsame Zukunft“lautet das Motto der zehnten Weltkonferenz der Nichtregierungsorganisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, durch den Dialog der Religionen Frieden zu stiften. Hohe Vertreter der christlichen Kirchen arbeiten in der größten religionsübergreifenden Organisation der Welt ebenso mit wie Muslime, Juden, Buddhisten, Hinduisten, Shintoisten und Jainisten. Entsprechend erwarten die Verantwortlichen beim Treffen vom 20. bis 23. August 2019 in Lindau viele hohe Religionsführer.
Auf Facebook erklärt RfP, dass die Kardinäle, Bischöfe und andere Religionsführer am Bodensee Politiker, Wissenschaftler und weitere Vertreter der Zivilgesellschaft treffen sollen. Hinzu sollen junge Teilnehmer aus aller Welt kommen. Im Hintergrund steht die Erkenntnis, dass sich Kriege, aber auch Klimaschutz, Armut oder Extremismus nur lösen lassen, wenn die religiösen Gemeinschaften ihre Konflikte friedlich beilegen und in den Dialog mit der Staatengemeinschaft und folgenden Generationen treten. Schirmherr des Treffens in Lindau wird Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sein.
Verantwortlich für die Konferenz ist der Schweizer Wolfgang Schürer, der 15 Jahre lang Präsident der Stiftung Lindauer Nobelpreisträgertreffen war. Schürer berichtete der „Schwäbischen Zeitung“, dass die RfP-Vertreter von der Inselhalle begeistert seien. Schürer soll die Konferenz der Religionsführer professionalisieren. Ein Erfolg des Treffens in einem Jahr vorausgesetzt, will RfP die Weltkonferenz, die zuletzt in Wien stattfand, künftig alle vier Jahre in Lindau wiederholen.
LINDAU - Große Städte in aller Welt haben sich als Ort für die zehnte Weltkonferenz der Vereinigung der Weltreligionen für den Frieden in einem Jahr beworben. Doch die Religionsführer werden sich vom 20. bis 23. August 2019 auf der Lindauer Insel im Bodensee treffen. Für die Entscheidung gab es mehrere Gründe.
Schlüsselfigur ist Wolfgang Schürer. Der Schweizer hat als Präsident der Stiftung Lindauer Nobelpreisträgertreffen bis 2015 die weltweit einmalige Tagung erneuert. So etwas wünscht sich Bischof Gunnar Stalsett auch für die Weltkonferenz der Vereinigung Religions for Peace (RfP). Der emeritierte Bischof von Oslo kennt Schürer und die Lindauer Nobelpreisträgertagung, weil er zum Komitee für den Friedensnobelpreis gehört und deshalb mehrfach Gast in Lindau war. Stalsett will deshalb von Schürer wissen, wie man solch eine Veranstaltung professionalisiert.
Im Sommer 2017 kommt der Bischof in Begleitung von William Vendley nach Lindau, um sich die in Bau befindliche neue Inselhalle anzuschauen. Stalsett und Vendley sind Ehrenpräsident und Generalsekretär der RfP. Sie suchen ein neues Format für ihren Weltkongress, der bisher unregelmäßig im Abstand von bis zu sieben Jahren in großen Städten verschiedener Kontinente stattfindet. Stalsett gefällt aber die Gelassenheit der Lindauer Nobelpreisträgertreffen. Das Miteinander der Generationen dort und die interdisziplinäre Zusammenarbeit erscheinen ihm als Vorbild für RfP. Immerhin will die Vereinigung der großen Weltreligionen nichts Geringeres als den Weltfrieden. Da ist ein besonderer Geist nötig, wie ihn die Nobelpreisträger seit fast 70 Jahren bei ihren jährlichen Treffen in Lindau beschwören.
Nach dem Sommer 2017 treffen sich Stalsett, Vendley und Schürer weitere Male – unter anderem auch mit Papst Franziskus im Vatikan. Dann steht Lindau als Tagungsort fest. Das Problem: Deutschland hat sich zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht offiziell als Veranstalter beworben. Da sei die deutsche Botschafterin im Vatikan, Annette Schavan, äußerst hilfreich gewesen, berichtet Schürer im Gespräch mit der „Schwäbischen Zeitung“. Aus ihrer Zeit als Bundesforschungsministerin kennt auch Schavan die Nobelpreisträgertreffen. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier übernimmt
schließlich die Schirmherrschaft über die Weltkonferenz der Religionen in Lindau. Sein Stabschef Stephan Steinlein, der selbst evangelischer Theologe ist, führt die weiteren Gespräche.
So ist auch die Finanzierung des etwa zehn Millionen Euro teuren Weltkongresses in Lindau gesichert. Der Bund trägt 7,5 Millionen Euro, der Freistaat Bayern steuert eine Million bei. Der Rest kommt von der Stiftung Friedensdialog der Weltreligionen und Zivilgesellschaft, die Schürer im Frühjahr in Lindau gegründet hat.
Die Bedeutung der Religionen in einer Welt voller Kriege, Armut und Hass steigt. Digitalisierung, Migration, zunehmende Konflikte zwischen dem Westen, China und Russland verunsichern
die Menschen. Wichtig ist, dass zumindest die Religionsführer ihre Verschiedenheiten friedlich austragen.
Schürer: Chance für Deutschland
„Religionen haben zu Kriegen genauso beigetragen, wie sie hoffentlich zum Frieden beitragen“, bringt es Schürer auf den Punkt. Darin liegt seiner Meinung nach die Chance dieser Konferenz: Nur im Austausch der Religionen, Kulturen und Generationen werde man Wege zum Frieden finden. Dass dies in Lindau passieren soll, sei nicht nur eine Chance für die 25 000Einwohner-Stadt, sondern auch für Deutschlands Rolle in der Welt.
Schürer wird mit der Stiftung, die im Oktober auf der Insel ein kleines
Büro eröffnen wird, alles tun, um die Konferenz im kommenden Jahr zum Erfolg zu machen. Denn wenn das gelingt, sollen sich die Teilnehmer alle vier Jahre in Lindau treffen. Und zwischendurch wäre die Europakonferenz der RfP ebenfalls in der Inselhalle denkbar.
750 Hotelzimmer hat Schürer mit Hilfe der Lindau Tourismus und Kongress GmbH in und um Lindau bereits reserviert. Weitere werden nötig sein, weil Kenner mit einem erheblichen Interesse der Medien aus aller Welt rechnen. Schürer geht das mit der gleichen Zuversicht an, mit der er die Nobeltagung modernisiert und den Bau der Inselhalle ermöglicht hat: Er will den Geist von Lindau in die Welt tragen.