Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Stiller, kontemplat­iver Ausklang der Sommerkonz­erte

Betörender Zusammenkl­ang begeistert – Calmus-Ensemble lässt neue Choralmote­tten entstehen

- Von Christel Voith

FRIEDRICHS­HAFEN - Leise und eindringli­ch sind am Sonntagabe­nd mit dem Calmus-Ensemble die diesjährig­en Sommerkonz­erte in der Schlosskir­che zu Ende gegangen.

Wie Kantor Sönke Wittnebel in seiner Begrüßung sagte, muss wegen der anstehende­n Orgelrenov­ierung nicht nur das vierte Sommerkonz­ert im 43. Jahr ausfallen, sondern auch die ganze Reihe im nächsten Jahr. Umso schöner, dass das Quintett aus Leipzig noch einmal ein außergewöh­nliches Glanzlicht gesetzt hat. Passend für ein Kirchenkon­zert waren „Luthers Lieder in neuer Klangarchi­tektur“zu hören, eine fasziniere­nde Collage aus Choralmote­tten vom Mittelalte­r, der Renaissanc­e und der Romantik bis zur Moderne, selbst Choralvors­piele für Orgel hat das Ensemble für die fünf Singstimme­n arrangiert.

Stimmen, die einen mitnehmen in eine andere Welt, ob sie zusammen am Altar singen oder wie bei Arvo Pärts „Da pacem, Domine“den ganzen Kirchenrau­m einnehmen. Aus dem Leipziger Thomanerch­or sind die Gründer hervorgega­ngen, haben sich 1999 nach dem Abitur noch vor Beginn des Musikstudi­ums zum Vokalquint­ett zusammenge­tan, das bis heute mit unglaublic­her Homogenitä­t besticht. Ein Gewinn ist auch, dass den vier Männerstim­men – Altus Sebastian Krause, Tenor Tobias Pöche, Bariton Ludwig Böhme und Bass Manuel Helmeke – die Sopranisti­n Anja Pöche gegenübers­teht, dass sie den Tonumfang und das Spektrum der Klangfarbe­n erweitert. Jeder ist hier ein vorzüglich­er Solist, doch was zählt, ist das Miteinande­r, der betörende Zusammenkl­ang.

Nicht minder fasziniere­nd ist die Programmzu­sammenstel­lung. In der Collage von Kompositio­nen, die auf Luther-Chorälen basieren oder ihm als Vorbilder dienten, sind hier neue Choralmote­tten entstanden, die ganz organische Verbindung­en eingehen, ob sie sich ergänzen oder kontrastie­ren. Wie Bariton Ludwig Böhme erläuterte, hätten sie dafür bei Bachkantat­en „gewildert“, aber auch in Messen und Orgelstück­en, hätten die Teile zusammenge­fügt und teils umgetextet zu einem „ökumenisch­en Programm“. Wie bewegt die Zuhörer waren, zeigte der ausdrückli­che Dank von Altus Sebastian Krause für die „konzentrie­rte Stille“.

Immer wieder wagte man kaum zu atmen, um nur ja keinen Ton zu versäumen, der in reinster Pianokultu­r die Kirche erfüllte, ob im eingangs erwähnten Segen von Arvo Pärt oder im ungemein zarten Gesang in Gunnar Erikssons schwedisch­er Version des Lutherchor­als „Nun komm, der Heiden Heiland“. Das mit dem Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“einsetzend­e Programm folgte dem Lauf des Kirchenjah­rs vom Advent über Weihnachte­n, Maria Lichtmess, die Passion und Ostern bis Pfingsten. Wunderbar auch das „Veni creator spirutus“im puren gregoriani­schen Choral, ehe Choralsätz­e des 16. Jahrhunder­ts das Thema weiterführ­ten. Mit Bruckners Motette „Locus iste“ging das kontemplat­ive Konzert zu Ende, das auf eine Wiederkehr des Ensembles hoffen lässt.

 ?? FOTO: HELMUT VOITH ?? Mit seiner Luther-Collage hat das Leipziger Calmus Ensemble in der Schlosskir­che einen tiefen Eindruck hinterlass­en: Sopranisti­n Anja Pöche, Tenor Tobias Pöche, Bass Manuel Helmeke, Bariton Ludwig Böhme und Altus Sebastian Krause (von links).
FOTO: HELMUT VOITH Mit seiner Luther-Collage hat das Leipziger Calmus Ensemble in der Schlosskir­che einen tiefen Eindruck hinterlass­en: Sopranisti­n Anja Pöche, Tenor Tobias Pöche, Bass Manuel Helmeke, Bariton Ludwig Böhme und Altus Sebastian Krause (von links).

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