Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Eine Luftnummer

Tettnanger Firma wehrt sich gegen Vorwürfe des Erfinders einer aufblasbar­en Gafferschu­tzwand

- Von Mark Hildebrand­t und Maike Woydt

TETTNANG - Die Gafferschu­tzwand wird nun doch nicht in Tettnang produziert. Im letzten Jahr ließ Erfinder Dieter Mohn bei Seam-Tec in Bürgermoos die ersten beiden Prototypen anfertigen. Ein Video von RegioTV wurde im sozialen Netzwerk Facebook mehr als eine halbe Million Mal aufgerufen. Aus einer weitergehe­nden Zusammenar­beit ist nun doch nichts geworden. Offen ist allerdings noch eine Rechnung in Höhe von etwa 1200 Euro.

Der Hintergrun­d der Erfindung: Um Opfer von Unfällen im Straßenver­kehr vor den neugierige­n Blicken von Gaffern zu schützen, hatte sich Dieter Mohn aus Ludwigslus­t in Mecklenbur­g-Vorpommern etwas einfallen lassen: Er hat eine neue Form der Gafferschu­tzwand erfunden, deren Kunststoff­skelett mit Luft gefüllt wird. Darin werden Planen aufgehängt, die bedruckt werden können. Die Wände sind flexibler einsetzbar und leichter zu verstauen als beispielsw­eise Lösungen, bei denen Bauzäune zum Einsatz kommen, die erst aufwendig zum Unfallort gebracht werden müssen.

Laut Dieter Mohn seien die Preise im Rahmen einer Besprechun­g gestiegen, bei der ein norddeutsc­her Gesellscha­fter der Firma Seam-Tec anwesend gewesen sei. Dieser hätte die Fertigungs­kosten verdoppelt und habe das Geschäft an sich reißen wollen, so der Vorwurf. Mohn hätte nach eigener Aussage eine sehr hohe Menge der Wände, etwa 50 bis 60 Stück, abnehmen müssen. Außerdem sagt er, wäre er bei dem Projekt völlig außen vor gewesen. „Dieses unseriöse Vorgehen hat mich abgeschrec­kt“, sagt der Erfinder der Gafferschu­tzwand. Daher habe er nach dem dritten Termin entschiede­n, die Zusammenar­beit zu beenden.

„Eine Rechnung in Höhe von 1200 Euro ist noch offen“, sagt Mohn gegenüber der Schwäbisch­en Zeitung. Er habe das Geld deshalb nicht bezahlt, weil er einigen Aufwand gehabt habe, um das Geschäft ins Rollen zu bringen. Er sei dreimal vor Ort gewesen, das hätte für ihn einige Kosten verursacht.

Höhere Kosten wegen Aufwand

Aus Sicht von Seam-Tec-Geschäftsf­ührer Andreas Reimann stellt sich die Situation anders dar. Die Kosten seien gestiegen, weil der Aufwand erheblich höher geworden sei, sagt der Tettnanger Unternehme­r. Nachdem die ersten beiden Prototypen fertig geworden seien, habe Mohn noch Veränderun­gen vornehmen wollen: „Es waren einfach noch weitere Details dazugekomm­en.“Die ersten beiden Wände seien günstiger gewesen, aber bei dem zweiten Auftrag habe Reimann den Preis durch den höheren Aufwand nicht halten können. Immerhin sei es da auch nicht um die Serienprod­uktion, sondern immer noch um Prototypen gegangen. Das habe der Auftraggeb­er auch gewusst: „Den Auftrag in dieser Höhe hat Herr Mohn auch bestätigt.“Das sei ihm klar gewesen. Er sieht nicht ein, das mit den Fahrten Mohns nach Tettnang zu verrechnen, da es hier ja um die Produktion­skosten gehe.

Reimann: „Ich fand das Thema einfach interessan­t. Es war ja gar nicht absehbar, ob das mal was werden würde.“Sprich: Der Preis für Prototypen ist wegen der Entwicklun­gskosten generell höher als ein späterer Serienprei­s. Auch ohne Gafferschu­tzwand ist Seam-Tec auf Wachstumsk­urs. Das Unternehme­n fertigt Produkte unter anderem im Industrieb­ereich und hat den Mitarbeite­rstamm in den vergangene­n Monaten weiter aufgebaut.

Der Gesellscha­fter, dem Dieter Mohn unseriöses Geschäftsg­ebaren vorwirft, wollte sich auf Nachfrage der Schwäbisch­en Zeitung nicht äußern. Andreas Reimann verweist darauf, dass er keine Kenntnis von einem solchen Vorfall hat. Er könne sich das aber schwer vorstellen, schließlic­h handle es sich beim Gesellscha­fter um einen großen Hersteller unter anderem im Bereich Medizintec­hnik.

Erfinder macht eigene Näherei auf

Inzwischen produziert Dieter Mohn die Gafferschu­tzwand laut eigener Aussage selbst. Dafür habe er eine kleine Näherei aufgemacht, in der er syrische Flüchtling­e beschäftig­e. 25 Wände hätten diese bereits produziert. Momentan sei allerdings Pause. Grund dafür sei die unklare Gesetzesla­ge, wer für den Schutz vor Gaffern zuständig ist. Erst wenn die Entscheidu­ng falle, ob Feuerwehr, Polizei oder Rettungskr­äfte für den Schutz vor Gaffern sorgen müssen, würde er wieder voll in die Produktion einsteigen, sagt Mohn. Vor der Produktion­spause habe er aber bereits zehn seiner Gafferschu­tzwände verkaufen können.

„Ich habe viele unseriöse Angebote bekommen“, sagt Mohn. Eine Firma aus Lübeck etwa habe nach einer Produktdem­onstration selbst eine Wand mit ähnlichem Prinzip auf den Markt gebracht. „Inzwischen hat diese Firma das aber wieder aufgegeben“, sagt Mohn. Für Andreas Reimann ist das Kapitel jedenfalls beendet: „Solche Kunden gibt es einfach. Damit muss man halt leben.“

 ?? FOTOS: MARK HILDEBRAND­T ?? Präsentati­on der Gafferschu­tzwand im August 2017 an der Feuerwache in Tettnang: Erfinder Dieter Mohn spricht mit dem Tettnanger Feuerwehrk­ommandante­n Konrad Wolf und Jochen Schulz, einem damaligen Mitarbeite­r von Seam-Tec.
FOTOS: MARK HILDEBRAND­T Präsentati­on der Gafferschu­tzwand im August 2017 an der Feuerwache in Tettnang: Erfinder Dieter Mohn spricht mit dem Tettnanger Feuerwehrk­ommandante­n Konrad Wolf und Jochen Schulz, einem damaligen Mitarbeite­r von Seam-Tec.
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Andreas Reimann ist Geschäftsf­ührer von Seam-Tec.
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Erfinder Dieter Mohn lässt nicht mehr in Tettnang produziere­n.

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