Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Wenn der Vater mit dem Sohne
Neil und Liam Finn machen auf „Lightsleeper“gemeinsame Sache
BERLIN (dpa) - Kein Geringerer als Paul McCartney adelte vor einigen Jahren den jüngeren Kollegen Neil Finn: „Ich liebe seine Lieder“, sagte der Beatles-Maestro über die Songschreiberkünste des Neuseeländers. Kein Wunder, hatte Finn doch mit der Band Crowded House, aber auch solo einige der edelsten Popsongs komponiert. Nun schreibt er mit 60 ein neues Karrierekapitel.
Zunächst erscheint „Lightsleeper“– das Debüt von Neil & Liam Finn, so der schlichte Name des gemeinsamen Projekts. Es ist etwas ganz Seltenes und klingt sehr berührend, wie sich Vater und Sohn hier zu einem Album auf perfekter Augenhöhe zusammenfinden.
Doch wer könnte dies besser ohne Patriarchengehabe hinbekommen als ein Familienmensch wie Neil Finn: Schon mit seinem älteren Bruder Tim nahm er harmonieselige Musik auf („Finn“von 1995, „Everyone Is Here“von 2004), zuletzt arbeitete er mit Ehefrau Sharon sowie den Söhnen Liam (34) und Elroy (30) an der zarten, melancholischen Balladenplatte „Out of Silence“(2017).
Melodische Brillanz
Alle vier Finns spielen nun auch bei „Lightsleeper“mit – auf einem Album, das die melodische Brillanz des hocherfahrenen, hochsensiblen Popsongschreibers mit der Nerd-Attitüde eines halb so alten Studiotüftlers vereint. Ausgangspunkt war die Hochzeit von Liam Finn auf einer griechischen Insel vor drei Jahren. Aus dem rauschenden Fest entstand die Idee eines Vater-Sohn-Werks.
„Es war riskant, weil wir beide ziemlich stur sind und pedantisch mit manchen Dingen umgehen“, sagt Vater Neil. Doch bei den Albumaufnahmen, die in einer normalen Band mit zwei „Alphatieren“wohl schwierig geworden wären, entwickelte sich eine wunderbare kreative Dynamik, die man jedem der elf Lieder anhört. „Wir wollten beide ein großartiges Album machen und haben es geschafft, jeweils das Beste aus dem Anderen herauszuholen“, meint Liam. „So ergab sich eine wirklich positive, gesunde Spannung und Intensität.“
Songs wie der hymnische Opener „Island of Peace“, das rhythmisch komplexe „Where's My Room“, das von der griechischen Ferienatmosphäre beeinflusste „Back to Life“oder „We Know What It Means“sind schon beeindruckend genug. Seine volle Pracht erreicht das Album aber in den von Streicher-Arrangements und intelligenten Elektronikspielereien verzierten Balladen. „Meet Me In The Air“, „Anger Plays A Part“, „Listen“, „Hiding Place“, der traumhaft schöne Schlusspunkt „Hold Her Close“– McCartney dürfte sich in seinem Lob für Neil Finn bestätigt fühlen und Sohnemann Liam gleich mit einschließen.