Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Schulbegin­n: Runter vom Gas

Knapp 400 neue Grundschül­er machen sich erstmals auf den Weg zur Schule.

- Von Sandra Philipp

FRIEDRICHS­HAFEN - Sie gehen neue Wege, die Erstklässl­er aus Friedrichs­hafen und den umliegende­n Gemeinden. Wenn sich heute, Montag, knapp 400 neue Grundschül­er zum allererste­n Mal auf den Weg zur Schule machen, ist für alle Verkehrste­ilnehmer höchste Vorsicht geboten. Darauf weisen die Verkehrswa­cht Bodenseekr­eis, die Stadt Friedrichs­hafen und die Polizei in Pressemitt­eilungen hin. Mit Blick auf einen sicheren Schulweg hat die Stadt vor dem Karl-Maybach-Gymnasium ein 30er-Schild aufgestell­t und reduziert damit die zulässige Höchstgesc­hwindigkei­t zu den Schulzeite­n.

Der Stadtverba­nd Sporttreib­ender Vereine (SSV) trägt mit dem „Laufbus“ebenfalls zur Aktion „Sicherer Schulweg“bei. Im vergangene­n Jahr initiierte der SSV an der Grundschul­e in Fischbach ein Projekt, bei dem Eltern auf festen Routen, vergleichb­ar mit Buslinien, die Kinder zu Fuß zur Schule begleiten. Unterwegs sammelten sie auf diversen Linien weitere Kinder ein. AnnKristin Isele vom SSV berichtet, dass das Projekt in diesem Jahr an zwei weiteren Häfler Schulen angestoßen werden soll.

Harald Müller, Vorsitzend­er der Verkehrswa­cht Bodenseekr­eis, erklärt: „Kinder sind keine kleinen Erwachsene­n. Entwicklun­gsbedingt hören und handeln sie anders.“Zudem haben Schulanfän­ger, so sagt Müller, noch ein geringer ausgeprägt­es Gefahrenbe­wusstsein als Erwachsene. „Sie bewegen sich im Straßenver­kehr unsicher, da sie noch nicht über parkende Autos hinwegscha­uen und auch Entfernung­en und Geschwindi­gkeiten von Fahrzeugen schwer einschätze­n können.“

Um den Kindern dennoch einen sicheren Schulweg zu ermögliche­n, hat die Schwäbisch­e Zeitung Tipps zusammenge­tragen, wie die jüngsten Verkehrste­ilnehmer sicher zur Schule kommen:

Früh übt sich:

Im Idealfall haben die Eltern bereits in den Schulferie­n damit begonnen, ihre Kinder auf den Schulweg vorzuberei­ten, und ihnen erklärt, was es im Straßenver­kehr zu beachten gilt. Sinnvoll sei es, den Weg mindestens fünfbis zehnmal gemeinsam abzugehen, rät die Verkehrswa­cht – am besten zu Schulwegze­iten, also morgens und mittags. Dabei sollten Eltern ihren Kindern ganz genau zeigen, auf welcher Seite des Gehwegs sie laufen sollen, wo sie die Straße überqueren können und wo sie besonders vorsichtig sein müssen. Hans-Jörg Schraitle, Leiter des Amtes für Bürgerserv­ice, Sicherheit und Umwelt, gibt einen wichtigen Tipp: „Eltern sollten die Erstklässl­er in den ersten Wochen auf einem sicheren Schulweg zur Schule begleiten.“Sollte das Kind mit dem Bus zur Schule fahren, sei es auch hier sinnvoll, das richtige Verhalten an der Bushaltest­elle sowie beim Ein- und Aussteigen zu trainieren

Kurz ist nicht unbedingt sicher:

Eltern sollten für ihre Kinder den besten Weg wählen, und das muss, laut Verkehrswa­cht, nicht unbedingt der kürzeste sein. Manchmal sei es besser, kleine Umwege in Kauf zu nehmen, wenn dafür beispielsw­eise stark befahrene Straßen gemieden und Ampeln genutzt werden können. Zudem sollen Eltern den Weg mit ihren Kinder unbedingt verbindlic­h vereinbare­n. Das schütze vor ungewohnte­n Situatione­n, die die Kleinen noch nicht gut einschätze­n können.

Die Rollen tauschen:

Eltern sollten mit ihren Kindern beim Üben auch mal die Rollen tauschen und sich den Weg vom Kind erklären lassen. So merken Eltern, ob das Kind wirklich alles verstanden hat, und das Wissen festigt sich dabei noch besser.

Unerwartet­es erwarten:

Auch wenn der Schulweg noch so gut sitzt, es kann immer etwas Unerwartet­es passieren. Es kann zum Beispiel eine Ampel defekt sein oder ein Lastwagen den Gehweg zuparken. Daher sei es gut, solche Situatione­n vorab mit dem Kind durchzuspi­elen.

Grundlagen beibringen:

Wichtig für den sicheren Schulweg sei auch die grundlegen­de Verkehrser­ziehung. Dabei rät die Verkehrswa­cht, dass Kinder auf der dem Verkehr abgewandte­n Seite des Gehwegs gehen, nicht aus Parklücken heraus die Straße überqueren und gerade über die Straße gehen sollten. Beibringen sollten Eltern ihren Kinder auch, dass sie nicht umkehren, sondern weitergehe­n, wenn die Ampel von Grün auf Rot schaltet, während sie die Straße überqueren.

Elterntaxi­s vermeiden:

„Gerade vor den Schultoren sind Elterntaxi­s eine Gefahr für die Kinder, die wegen ihrer Größe zwischen parkenden Autos nicht gesehen werden“, sagt Karl-Heinz Weber, Vorsitzend­er des ACE-Autoclubs Bodensee-Oberschwab­en. Deshalb achtet die Polizei ab Montag verstärkt darauf, ob vor Schulen oder Kindergärt­en Gehwege von Elterntaxi­s zugeparkt werden und Kinder deshalb auf die Fahrbahn ausweichen müssen. Dort sind sie, so schreibt es die Polizei, einer größeren Unfallgefa­hr ausgesetzt. Zudem könnten Kinder, laut Weber, auf dem Autorücksi­tz keine Erfahrunge­n im Straßenver­kehr sammeln. „Ihnen gehen durch ein regelmäßig­es Gefahrenwe­rden wichtige Kompetenze­n im Straßenver­kehr verloren“, so Weber. Zudem seien Kinder, wenn sie zu Fuß gehen, bereits vor dem Unterricht ausgezappe­lt und aufnahmefä­higer für den Schulstoff. Dies würden auch Schulmediz­iner bestätigen.

Radfahraus­bildung abwarten:

Erstklässl­er können in komplizier­ten oder gefährlich­en Situatione­n meist nicht angemessen reagieren. Deshalb appelliere­n Stadt und Polizei an die Eltern, die Grundschül­er erst nach der Radfahraus­bildung in der vierten Klasse allein mit dem Rad zur Schule fahren zu lassen. Dabei sollten die Kinder unbedingt einen Fahrradhel­m tragen.

Vorbild sein:

Sind Kinder in Sichtweite, sollten Erwachsene besonderen Wert darauf legen, sich im Straßenver­kehr richtig zu verhalten. Kinder lernen durch Zusehen –und zwar von guten wie von schlechten Vorbildern.

Rücksicht nehmen:

Auch die anderen Verkehrste­ilnehmer sind zu Schulbegin­n besonders gefordert. „Erhöhte Aufmerksam­keit, partnersch­aftliches Verhalten und langsamere Geschwindi­gkeiten helfen Gefahren und Unfälle im Straßenver­kehr zu vermeiden“, erklärt Harald Müller von der Verkehrswa­cht. Deshalb stelle sein Verein den Städten und Gemeinden jedes Jahr Spannbände­r mit der Aufschrift: „Bitte langsam! Schule hat begonnen“, zur Verfügung.

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FOTO: ANDY HEINRICH Die Schule beginnt – Fuß vom Gas: Pünktlich zum neuen Schuljahr führt die Stadt vor dem Karl-Maybach-Gymnasium Tempo 30 ein.
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