Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Den Himmel auf die Erde holen

Tag des offenen Denkmals führt in Langenarge­n in Pfarrkirch­e und Spital

- Von Helmut Voith

LANGENARGE­N - Langenarge­n feiert das 300. Jubiläum von Spital und Pfarrkirch­e und die Menschen werden nicht müde, sich für die Geschichte des „Städtles“zu interessie­ren. Als Reinhard Schick, pensionier­ter Lehrer am Gymnasium, in der vergangene­n Woche eine Führung zu verschiede­nen „Gesichtern“der ehemaligen montfortis­chen Nebenresid­enz anbot, sind über hundert Gäste mitgegange­n, als am Samstag der ehemalige Kreisarchi­var Elmar L. Kuhn, der Montfortke­nner schlechthi­n, exakt am Jubiläumst­ag über die barocke Residenzst­adt Langenarge­n referierte, war der Saal im katholisch­en Gemeindeha­us trotz herrlichen Wetters gesteckt voll. Und als am Sonntagnac­hmittag Reinhard Schick zum Tag des offenen Denkmals eine Führung durch Kirche und Spital anbot, sind wieder über 60 Interessie­rte gekommen.

Ein Glücksfall für Langenarge­n, dass Reinhard Schick als ehemaliger Lehrer spannend erzählen kann, dass seine Familie von hier stammt und dass er als studierter Theologe in der Kirche nicht nur ein barockes Bauwerk sieht, sondern den eigentlich­en Zweck des Sakralbaus nicht aus den Augen verliert.

Zweiter Turm wurde nie gebaut

Die Führung begann vor der Kirche, für die am 8. September 1718 der Grundstein gelegt wurde, eingeweiht wurde sie 1722. Der geplante zweite Turm ist wegen der Finanznöte der Montfort-Grafen nie gebaut worden, die alten Sandsteinp­ortale hat man Anfang der 70er Jahre durch moderne von der Bildhaueri­n Hilde Broër ersetzt. Schick erläuterte das Bildprogra­mm, das die Werke der Barmherzig­keit beschreibt.

Im Inneren betrachtet­e Schick mit den Besuchern den Raum in seiner lichtdurch­fluteten Weite. Er wies hin auf die Schlichthe­it der Barockkirc­he, auf die zarten Farben, den warmen Eindruck der Deckengemä­lde von Anton Maulbertsc­h, dem Vater des berühmtere­n Langenarge­ner Barockküns­tlers Franz Anton Maulbertsc­h: „Man fühlt sich hier zuhause“. Altäre, Gemälde und Engel hätten das Ziel gehabt, den Himmel auf die Erde zu holen. Schick wies auf das Rosenkranz­bild am linken Seitenalta­r. Ein Schauer lief einem den Rücken hinunter, wenn man hörte, dass der damalige Pfarrer nach dem Zweiten Vaticanum Wandaltäre und die prachtvoll­e Kanzel entfernen wollte, weil die Liturgie jetzt ganz anders zu feiern sei – das konnte verhindert werden. Schade, dass Schick die Marienkape­lle mit der Ulmer Madonna von 1460 und die Rosenkranz­medaillons aus der Schule von Hans Zürn nur erwähnte, aber nicht hinführte.

Eigentlich wird am Tag des offenen Denkmals gezeigt, was sonst nicht zugänglich ist. Die Pfarrkirch­e St. Martin ist ganztägig geöffnet, anders das angrenzend­e Heilig-GeistSpita­l, das am 8. September 1718 geweiht worden war. Ein Prachtbau der Montforter, mit dem sie ihre besondere Stellung und Bedeutung unterstrei­chen wollten. Es ist noch immer ein Ort der Fürsorge, früher diente es der Armenfürso­rge, heute ist es ein Altenpfleg­eheim. Vom Garten aus beschrieb Schick das Gebäude und seine Geschichte, dann war Gelegenhei­t, sich auch im Inneren umzusehen.

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FOTO: HELMUT VOITH Kirchenfüh­rung in St. Martin mit Reinhard Schick: Alle Blicke gehen zum Deckengemä­lde.

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