Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Nur drei Wochen Zeit zur Klage vor Gericht
Wenn Arbeitgeber ihren Mitarbeitern Kündigungen aussprechen, kann es sich in bestimmten Fällen lohnen, dagegen vorzugehen
SCHONDORF - Wie viele Arbeitnehmer eine Kündigung erhalten, wird amtlich nicht erfasst. Experten gehen jedoch von deutlich über einer Million Kündigungen pro Jahr aus. Für die Betroffenen sind das meist harte Schicksalsschläge. Schlagzeilen machen Einzel-Kündigungen nur selten – so wie etwa der „Fall Emmely“, mit dem sich das Bundesarbeitsgericht (BAG) befassen musste. Es ging um die Kassiererin Barbara Emme. Sie hatte bei ihrem Arbeitgeber, der Supermarktkette Tengelmann, zwei ihr nicht gehörende Flaschenpfandbons eingelöst und war deshalb fristlos entlassen worden. Zu Unrecht, wie das BAG befand (Az.: 2 AZR 541/09). Die Reaktion des Arbeitgebers auf das geringe Vergehen sei unverhältnismäßig und damit unwirksam gewesen. Das Beispiel zeigt: Gegenwehr gegen eine Kündigung kann sich lohnen. Das ist bei einem Einspruch zu beachten:
Schriftform:
Mündliche Kündigungen sind unwirksam. Das regelt Paragraf 623 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB): „Die Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Auflösungsvertrag bedürfen zu ihrer Wirksamkeit der Schriftform; die elektronische Form ist ausgeschlossen“, heißt es dort. Die Kündigung muss also in Papierform erfolgen und von jemandem unterschrieben sein, der zur Kündigung berechtigt ist. Eine Kündigung per E-Mail ist nichtig.
Betriebsrat:
Ohne die Anhörung des Betriebs- oder Personalrats ist die Kündigung unwirksam – jedenfalls dort, wo es diese Interessensvertretung gibt. Hat der Arbeitgeber sich hieran nicht gehalten, sollten Betroffene sofort eine Kündigungsschutzklage einreichen. Kündigungsfrist: Gekündigte sollten stets sofort prüfen, ob die für sie geltende Kündigungsfrist eingehalten wurde. Die Regeln hierzu finden sich in Paragraf 622 BGB. Hat ein Arbeitsverhältnis zum Beispiel schon acht Jahre bestanden, so gilt eine dreimonatige Kündigungsfrist.
Kündigungsschutz:
Dieses schützt nicht generell vor Kündigungen, sondern nur vor solchen, die „sozial ungerechtfertigt“sind. Wer feststellt, dass Jüngere oder Junggesellen sowie Arbeitnehmer, die dem Betrieb erst kurze Zeit angehören, von der Entlassung verschont wurden, hat vor Gericht gute Karten. Geschützt werden aber nur Entlassene, deren Arbeitsverhältnis seit sechs Monaten besteht. Zudem muss der Betrieb mehr als zehn Beschäftigte haben.
Besonderer Schutz:
Für Schwerbehinderte und Schwangere gilt ein besonderer Kündigungsschutz, ebenso für Betriebsratsmitglieder und für Arbeitnehmer, die sich in der Eltern- oder Pflegezeit befinden. Wenn es im Betrieb kriselt, kann es sich für Arbeitnehmer mit einem kleinen Kind also durchaus lohnen, die Karte „Elternzeit“zu ziehen.
Klagefrist:
Kündigungsschutzklage kann nur innerhalb von drei Wochen nach Erhalt der Kündigung erhoben werden. Diese Frist wird nicht durch ein Protestschreiben an den Arbeitgeber, sondern nur durch die Einreichung der Klage beim Arbeitsgericht gewahrt. Nach Ablauf der Frist wird die Kündigung wirksam. Wichtig: Dies gilt auch für unwirksame Kündigungen (etwa weil die Schriftform nicht eingehalten wurde).
Arbeitsagentur:
Spätestens drei Monate vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses müssen sich die Betroffenen bei der Arbeitsagentur melden. Bei Arbeitsverhältnissen mit kürzerer Kündigungsfrist gilt: Die Meldung muss spätestens drei Tage nach Erhalt der Kündigung erfolgen – sonst wird das Arbeitslosengeld später für eine Woche gestrichen.