Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Steuermann wird Wassermann
Deutschland-Achter verteidigt in Plowdiw – in unveränderter Besetzung – WM-Gold
PLOWDIW (SID/dpa) - Martin Sauer legte die Goldmedaille und den Stofflöwen auf den Steg, dann ergab sich der Steuermann des DeutschlandAchters seinem Schicksal: Im hohen Bogen warfen die alten und neuen Weltmeister ihn in den Mariza-Kanal. „Alles gut, ich habe nur ein bisschen Wasser geschluckt. Auch wenn ich gehofft hatte, dass die Jungs keine Kraft mehr haben“, sagte der 35-Jährige, als er wenig später klatschnass wieder an Land stand.
Sauers Abflug ins Wasser war die unvermeidliche Folge einer Machtdemonstration. Mit einem Start-ZielSieg stürmte das Flaggschiff des Deutschen Ruderverbandes (DRV) im bulgarischen Plowdiw wie im Vorjahr zum WM-Titel. „Das war sehr souverän, sehr stark. Wir sind schnell gestartet und nie in Bedrängnis geraten. Ich bin sehr stolz auf meine Mannschaft“, sagte Bundestrainer Uwe Bender. Schlagmann Hannes Ocik (Schwerin) ergänzte: „Wir sind auf den ersten 1500 Metern optimal ans Limit gegangen.“
Weder die 28 Grad im Schatten noch der starke Wind brachten das Team bei seiner Gala aus dem Tritt. Fast zwei Sekunden lagen die „acht Muske(l)tiere“am Ende vor Herausforderer Australien; Bronze ging an Olympiasieger Großbritannien. „Für mich ist es der fünfte WM-Titel, das ist etwas ganz Besonderes. So ein WM-Finale sitzt man schließlich nicht auf einer Pobacke ab“, sagte Richard Schmidt, der zeit zehn Jahren ohne Unterbrechung im Boot rudert. Konstanz ist ohnehin Trumpf: Erstmals holte ein DRV-Achter in unveränderter Besetzung zwei WM-Titel in Folge.
Ruderneuling Oliver Zeidler dagegen hatte eine Stunde zuvor im Einer die erhoffte Medaille klar verpasst. Der 22-Jährige kam nach einem verpatzten Start auf Rang sechs, lieferte insgesamt aber ein starkes WM-Debüt ab. „Ich bin schief losgefahren und habe gleich eine Leine berührt. Das ist natürlich schade. Ich bin mit einer Form angereist, mit der ich hätte Weltmeister werden können“, sagte der ehemalige Schwimmer, der erst seit 2016 rudert.
Am Samstag hatte der Doppelvierer der Frauen Silber gewonnen. Mehr deutsche Medaillen gab es in den 14 olympischen Klassen aber auch nicht. „Das ist zu wenig, ganz klar“, sagte Chef-Bundestrainer Ralf Holtmeyer. Dem Achter, den er 1988 in Seoul und 2012 in London als Bundestrainer zu Gold geführt hatte, spendete Holtmeyer allerdings ein Lob: „Die Jungs sind seit Rio 2016 unbesiegt. Das ist eine beeindruckende Siegesserie.“
Martin Sauer übrigens suchte – tropfend – nach seinem Bad noch Kollegen für eine Umarmung. Vergeblich.