Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Aufgespießt
So ganz haben wir unseren Ohren nicht getraut? Stellenabbau bei MTU? Der Laden boomt doch gerade, oder nicht? Haben da ein paar Betriebsräte etwas in den falschen Hals gekriegt? Oder falsch verstehen wollen? Oder müssen MTUler etwas ausbaden, was weit weg vom See entschieden wird? Aus Gründen, die mit Friedrichshafen nichts oder nur wenig zu tun haben? Für manch altgedienten Motorenbauer wäre das keine gänzlich neue Erfahrung.
Nach der bescheidenen Einschätzung der Spießgesellen zumindest ist MTU ja derzeit durchaus auf dem richtigen Weg: Digitalisierung, Elektrifizierung, Diversifizierung, Systemlösungen. Schlagworte, klar. Trotzdem wird niemand daran vorbeikommen, der einen traditionellen Industriekonzern wie die Rolls-Royce Power Systems AG dauerhaft sichern und entwicklen will. Wäre doch schade, wenn dieser Schwung von der englichen Konzernmutter oder wem auch immer (aus)gebremst werden würde.
Wissen Sie, dass die Stadt Friedrichshafen eine Gleichstellungsbeauftragte hat? Nein? Hat sie aber. Gewählt im Mai 2017. Und was macht die so? Hat uns auch interessiert, weswegen wir seit geraumer Zeit versuchen, ins journalistische Gespräch zu kommen. Gelingt uns aber nicht, wobei für die mehrfach städtischerseits abgesagten Termine offenbar nicht immer die Beauftragte verantwortlich ist. Wir waren bislang der Meinung, dass die Themen Gleichberechtigung und Gleichstellung auch etwas mit öffentlicher Wahrnehmung und gesellschaftlichem Bewusstsein zu tun haben. Sehen offenbar nicht alle so...
Zumindest bei uns hat sich niemand gemeldet, der an der Wahl Dieters Staubers zum dritten Bürgermeister etwas auszusetzen hätte – bis auf die Ex-SPD-Rätin Christine Heimpel, die ihren Unmut über die Kandidatur schon vorher öffentlich gemacht hat. Dabei wäre es legitim und eigentlich auch normal, wenn sich vorher oder nachher einfache Bürger oder verantwortliche Kommunalpolitiker an der ungewöhnlichen Personalie rieben. Das geschieht aber leider nur in der Anonymität des Internets und dabei nicht immer sachlich und fair. Schade. Wer dort, im Netz, dem Bewerber und denen, die ihn gewählt haben, fehlendes demokratisches Bewusstsein vorhält, der sollte sich erstmal selbst an die Spielregeln halten und seine Kritik offen vorbringen. So geht Fair Play unter Demokraten.
Reflexhaft folgt bei solchen Gelegenheiten der Verweis auf die exorbitante Einkommensverbesserung des neuen Amtsträgers. Im Falle Staubers dürfte sie tatsächlich ordentlich sein, auch deshalb, weil wir unsere Polizisten nicht gerade üppig entlohnen. Gemessen an der Verantwortung, der zu erwartenden Arbeitszeit und der Tatsache, dass das Schaffen künftig an Stammtischen und in Zeitungen, im Bekanntenkreis und beim Einkaufen Thema nicht nur freundlicher Erörterung sein dürfte, ist das Salär eines Bürgermeisters aber sicher nicht zu hoch.
Allen, die jetzt lautstark, aber anonym auf „die Politiker“schimpfen, sei zugerufen: Im kommenden Mai ist Kommunalwahl. Mitmachen. Mitreden. Kandidieren.