Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)

Teamwork steht auf dem Stundenpla­n

Schulsozia­larbeit bereichert seit 20 Jahren die Ludwig-Dürr-Schule

- Von Nadine Sapotnik

FRIEDRICHS­HAFEN - In diesem Jahr gibt es an der Ludwig-Dürr-Schule seit 20 Jahren Schulsozia­larbeit. Das haben Schulsozia­larbeiter aus ganz Friedrichs­hafen zum Anlass genommen, den Schülern an der Grundund Realschule Aufgaben zu stellen, um ihren Teamgeist zu stärken. So mussten sich die Viertkläss­ler gemeinsam von einem imaginären sinkenden Schiff retten und die Zehntkläss­ler erarbeiten, wie sie mit Dominostei­nen einen Kettenreak­tion auslösen können.

Die beiden Schulsozia­larbeiteri­nnen Birgit Glatt und Sandra Lohr haben den Schülern der Klasse 4 a an dem Vormittag eine besondere Aufgabe gestellt: Alle Jungen und Mädchen sitzen in einem gekenterte­n Boot. Nun müssen sie sich auf eine Insel retten und dürfen dabei keinen Mitschüler zurücklass­en. Zwischen der Insel und dem Schiffswra­ck schwimmen einige Schiffstei­le. Mithilfe von fünf Masten können sie sich so einen Weg zur Insel bauen. Doch dafür müssen sie ein Konzept entwickeln und alle an einem Strang ziehen. Niemand darf zurückgela­ssen werden und wenn einer ins Wasser fällt, geht es wieder von vorne los.

Wie die Kinder als Gruppe agieren und auch wie jeder einzelne sich verhält, lässt die beiden Schulsozia­larbeiteri­nnen darauf schließen, wie gut der Klassenzus­ammenhalt ist. „Es gibt Kinder, die trauen sich nicht über einen Mast zu balanciere­n. Dadurch könnten wieder andere ungeduldig werden, wieder andere sind gefrustet, weil die Aufgabe noch einmal von vorne begonnen werden muss“, sagt Lohr. Diese Aspekte seien besonders gut durch Erlebnispä­dagogik hervorzubr­ingen. Wenn das Spiel für die Schüler geschafft ist, steht eine Reflektion­srunde an. Dabei besprechen die Sozialarbe­iterinnen mit den Kindern, was ihnen aufgefalle­n ist. „Für den Klassenleh­rer ist ein solches Spiel auch gut, um später noch einmal

Bezug darauf zu nehmen“, sagt

Lohr. Das könne auf lange Sicht die Zusammenar­beit stärken und vereinfach­en.

Glatt und Lohr arbeiten normalerwe­ise an anderen Schulen in Friedrichs­hafen. Für den runden Geburtstag der Schulsozia­larbeit sind sie gemeinsam mit mehreren anderen Schulsozia­larbeitern aus ganz Friedrichs­hafen an die Ludwig-DürrSchule gekommen. „Ein Programm wie dieses hatten wir noch nie an der Schule. Jeder Sozialarbe­iter hat ein kreatives Programm aus dem Bereich der Schulsozia­larbeit für unsere Schüler mitgebrach­t“, sagt Schulleite­r Paul Baudler. Mit diesem Programm soll vor allem der Teamgeist der Klassen gestärkt und die Kommunikat­ion untereinan­der verbessert werden. Besonders für die älteren Schülern sind diese sozialen Kompetenze­n wichtig, um leichter in den Job zu starten.

Drei Schulsozia­larbeiter

Darum kümmert sich die Schulsozia­larbeiteri­n Ute Lebschi an der Ludwig-Dürr-Schule. Sie war vor 20 Jahren die erste Schulsozia­larbeiteri­n, die die Stadt an der Ludwig-DürrSchule beschäftig­te. Mittlerwei­le sind drei Schulsozia­larbeiter an der Schule tätig. Sie kümmern sich um soziale Konflikte zwischen den Schülern, bieten Prävention­smaßnahmen an, zu Themen wie Gewalt oder Sucht und sind auch Schnittste­lle zwischen Eltern, Schülern und Lehrern. „Über die Jahre hat sich diese Arbeit sehr gefestigt“, sagt Baudler. Er sei froh, dass die Stadt in die Schulsozia­larbeit investiere. „In Friedrichs­hafen haben sogar ganz kleine Grundschul­en einen Schulsozia­larbeiter. Das ist keine Selbstvers­tändlichke­it, wenn man das mit anderen Städten vergleicht.“Für die Schule sei die Schulsozia­larbeit eine sehr große Bereicheru­ng. „Wir können in einigen Bereichen so eine ganz andere Profession­alität bieten“, sagt Baudler. Dazu gehöre unter anderem ein engerer Kontakt mit dem Jugendamt. Paul Baudler Schulleite­r Ludwig-Dürr-Schule

Lebschi kümmert sich mittlerwei­le vor allem um die älteren Schüler. In den Klassenstu­fen acht bis zehn vermittelt sie den Jungen und Mädchen soziale Kompetenze­n, die für den Einstieg ins Berufslebe­n und auch bei Einstellun­gstests wichtig sind. An dem Freitagvor­mittag, der sich der Schulsozia­larbeit widmet, kümmerte sich Lebschi deshalb um die Jungen und Mädchen der zehnten Klassen. „Die Klasse ist noch nicht so lange zusammen. Einige kennen sich schon von dem Schuljahr davor, andere sind ganz neu dabei. Der Zusammenha­lt ist aber schon ganz gut“, sagt sie. Doch nicht jeder von ihnen hat seinen Platz gefunden.

Deshalb hat sie den Zehntkläss­lern ein Spiel mitgebrach­t: Sie müssen einen Dominowelt mit Start und Ziel bauen. Dafür werden sie in fünf Gruppen geteilt. Es gelten Bedingunge­n: Wie viele Steine auf welcher Fläche umfallen und in welcher Form sie ausgelegt werden sollen. „Es zeigt sich, wer sich einbringt oder lieber die anderen machen lässt“, sagt Lebschi. Einige packen sofort an, andere sind verunsiche­rt. „Es geht auch um Verantwort­ung“, sagt Lebschi und das sei auch bei Einstellun­gstests wichtig – und darum geht es bei der Schulsozia­larbeit: Um eine Betreuung, bei der nicht der Lehrplan im Vordergrun­d steht.

„In Friedrichs­hafen haben sogar ganz kleine Grundschul­en einen Schulsozia­larbeiter.“

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FOTO: LUDWIG-DÜRR-SCHJLE Sandra Lohr (links) und Birgit Glatt (rechts) freuen sich, dass die Viertkläss­ler eine Lösung gefunden haben, um das gekenterte Schiff sicher zu verlassen.
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FOTO: SAPO Die Zehntkläss­ler Jakob (von links), Yahya, Ahmed und Guilherme tüfteln an der Aufgabe mit den Dominostei­nen.

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