Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ein guter Franzose, ein guter Deutscher
Ehrenmann mit höchsten Auszeichnungen, Engagement, und großem Netzwerk
LANGENARGEN (oej) - Im Mai ist Edouard Golenser 80 Jahre alt geworden. Der Träger beider höchster Orden sowohl Deutschlands als auch Frankreichs lebt seit vielen Jahren in Tettnang, sagt aber beim Gespräch mit der Schwäbischen Zeitung in seiner Wohnung in Kau: „Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nicht in Langenargen bin.“Dort hat er auch bis 2002 gelebt.
Dabei kommt er aus einer ganz anderen Ecke, ist geboren in Paris, hat aber schon seine Kindheit in Deutschland verbracht. Golenser verlor seinen Vater früh, seine Mutter und er hatten in der Nazizeit in Gelsenkirchen nichts zu lachen. Es folgten ein Schulabschluss nach dem Krieg und schließlich die französische Wehrdiensteinberufung 1958. So kam der junge Franzose erst nach Sarrebourg, dann folgten Kampfeinsätze bei einem Sonderkommando im Algerienkrieg. „Das ging Mann gegen Mann, damals war ich kein Pazifist“, sagt Golenser und ergänzt: „Es gibt keine Helden, denn bei Kriegshandlungen hat man Glück und bekommt einen Orden – oder man fehlt beim nächsten Appell.“
Nach vier Jahren Kriegseinsatz und ersten hochrangigen Tapferkeitsauszeichnungen und raschen Beförderungen absolvierte der junge Soldat eine mehrstufige Ausbildung zum Sportausbilder, Sportlehrer und Fallschirmspringer. Letzteres hat schließlich seine ganze Aufmerksamkeit bekommen, brachte viele Erfolge als Ausbilder, aber auch internationale Spezialeinsätze. So kamen etliche weitere Auszeichnungen zustande. „1966 war ich einer der ersten französischen Fallschirmjäger, der den Speziallehrgang „Chuteur Operationel“machte. Das bedeutete Freifall bis 6000 Meter ohne Sauerstoff mit 40 Kilo Gepäck“, berichtet er mit leuchtenden Augen. Beim 13. Fallschirmjäger-Escadron (2/13 –Regiment de Dragons Parachutistes) in Langenargen war der Freifall-Spezialist seit 1964 Ausbilder, Adjutant des Sportoffiziers und verantwortlich für die Öffentlichkeitsarbeit des Regiments.
Durch seine hervorragenden zweisprachigen Fähigkeiten hat Edouard Golenser immer wieder bei Militärs und Zivilbehörden sein Talent bewiesen, war ein gefragter Dolmetscher und Übersetzer. Gleichzeitig galt er als eine Person des Vertrauens, die die anderen Seiten des Krieges – und die Notwendigkeit der Völkerverständigung und Freundschaft zwischen Deutschland und Frankreich – schon früh erkannte. Nicht zuletzt auch durch die Arbeit als Vertrauensmann bei der Suche nach französischen Vätern, deren Kinder in der Zeit von 1945 bis 1960 geboren wurden.
Fußball- und Judo-Trainer
Außerdem initiierte er schon früh über seine militärischen und zivilen Netzwerke diverse Projekte. Seien das die Schausprünge beim Uferfest in Langenargen oder die Aktionen beim Häfler Seehasenfest. Viele sportliche und gesellschaftliche Aktivitäten prägten das Leben des französischen Soldaten bis 1973, unter anderem hat Golenser Fußballclubs trainiert und einen deutsch-französischen Judoverein gegründet. „Mit Sport kann man gut die jüngere Generation ansprechen.“1974 nahm Golenser nach einer kurzen Zeit in Metz seinen Abschied vom Militärdienst und kehrte zurück nach Langenargen. Edouard Golenser wurde dank seiner Ausbildungen als Sport- und Techniklehrer in den baden-württembergischen Schuldienst übernommen, wo er bis 1999 unterrichtete.
Die höchste deutsche Auszeichnung, das „Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland am Bande“, erhielt Golenser 2009 auch für die vielen vertrauensbildenden Maßnahmen sowie seinen jahrelangen Einsatz dafür, zwischen der deutschen Bevölkerung und dem französischen Militär Vertrauen aufzubauen. Vielleicht hat das Bundesverdienstkreuz auch den Ausschlag dafür gegeben, dass der französische Staat auf seinen besonderen Bürger aufmerksam wurde. Denn im Rahmen der nachträglichen französischen Ehrungen für heldenhaftes Handeln, Tapferkeit, Menschenführung und Engagement unter anderem im Algerienkrieg, bekam Golenser schließlich 2016 den höchsten französischen Orden, den „Ritter der Ehrenlegion“verliehen.
Wie er sich heute sieht, beschreibt der frühere Fallschirmjäger und Lehrer so: „Das habe ich schon bei den Ordensverleihungen gesagt, ich bin in Deutschland ein guter Franzose und in Frankreich ein guter Deutscher.“Daran will er nichts ändern: „Ich bin und bleibe Franzose.“So lebt der Ritter der Ehrenlegion und Bundesverdienstkreuzträger, Vater zweier Söhne, mit seiner Frau Marlene gerne in Tettnang, möchte seinen Ruhestand am Bodensee genießen.