Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Von Ferkeln, Wölfen – und viel Geld
Bauern wenden sich auf der Oberschwabenschau gegen eine Neuausrichtung der GAP
RAVENSBURG - Landwirtschaftspolitik bei Weißwurst, Maultauschen – und ’ner Halben: Bauern aus dem Allgäu und aus Oberschwaben, aus dem Kreis Sigmaringen und vom Bodensee haben bei der traditionellen Bauernkundgebung auf der Oberschwabenschau in Ravensburg ihre Forderung bekräftigt, an der grundsätzlichen Ausrichtung der Gemeinsamen Europäischen Agrarpolitik (GAP) festzuhalten. „Wir wollen die Stärkung der ersten Säule und brauchen die Prämien, die auf der bewirtschafteten Fläche liegen“, rief Waldemar Westermayer am Sonntag den mehr als 700 Bauern im Festzelt zu. Der Vorsitzende des Bauernverbandes Allgäu-Oberschwaben hatte zusammen mit dem Bauernverband Baden-Württemberg nach Ravensburg geladen, um mit den Berufskollegen die allerdrängendsten Probleme der Landwirtschaft zu diskutieren. Und da geht es – da waren sich die Bauern einig – um Ferkel, Wölfe und Geld.
„Die Förderung aus der gemeinsamen europäischen Agrarpolitik ist Bauerngeld – und das muss in Bauernhand bleiben“, sagte der Bundestagsabgeordnete Alois Gerig (CDU), der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Ernährung und Landwirtschaft, der „Schwäbischen Zeitung“. Hintergrund der Aufregung ist die Tatsache, dass im Moment der neue EU-Haushalt verhandelt wird, bei dem die Ausgabe für die Agrarförderung traditionell der größte Posten ist. Ausgezahlt wird das Geld entweder für die Größe der bewirtschafteten Fläche (erste Säule) oder für Maßnahmen wie Landschaftspflege, Klimaschutz oder Tierwohl (zweite Säule). Insbesondere Agrarpolitiker der Grünen fordern, die erste Säule langfristig abzuschmelzen und steuerliche Förderung nur noch für gesellschaftliche Leistungen auszuzahlen. Davon hielten am Sonntag weder Gerig noch seine Zuhörer etwas. „50 Prozent der Hofeinkommen kommen aus den Förderungen – und trotzdem sind die landwirtschaftlichen Einkommen vergleichsweise niedrig. Fakt ist auch, dass von den Zahlungen der zweiten Säule viele nichtlandwirtschaftliche Unternehmen profitieren“, erklärt Gerig. „Mit dem Geld müssen wir aber die Bauern fördern.“
Mit Blick auf die Diskussion um die Betäubung bei der Ferkelkastration stellte der Bundestagsabgeordnete den Landwirten in Aussicht, dass die zweijährige Verlängerung der aktuell geltenden Regel bis Jahresende beschlossen ist. Wie Waldemar Westermayer plädiert Gerig für den sogenannten vierten Weg, bei dem Bauern die Ferkel unter lokaler Betäubung selber kastrieren. „Wenn wir das nicht langfristig hinbekommen, wird es in der Schweinehaltung einen Strukturbruch geben, dann werden die in Deutschland gemästeten Ferkel nur noch aus dem Ausland kommen“, sagte Gerig. Die Ferkel für Baden-Württemberg müssten dann aus Dänemark geholt werden.
Die lauteste Zustimmung erzielte Gerig allerdings nicht mit seinen Erläuterungen zur GAP und den Problemen der Schweinemäster, sondern mit seinem Wettern gegen den Wolf und seine Beschützer. „Wir müssen den Wolf reduzieren, da hilft alles nichts“, sagte Gerig. „Da habe ich auch kein Verständnis für die vielen guten Menschen, die den Wolf beschützen.“Die Kulturlandschaft habe sich in den 100 Jahren seit der Ausrottung verändert. „Damit muss man umgehen – und Herdentierhaltung muss weiter bei uns möglich sein.“
Eine Forderung der sich auch die Landjugend Württemberg Hohenzollern anschloss. Marcus Abt, Junglandwirt aus Amtzell, lud die „guten Menschen“ein, sich doch einmal von Wölfen gerissene Tiere selbst anzuschauen. „Leider“, sagte der Sprecher des Agrargesprächskreises Ravensburg, „sind die Wolfsfreunde nie vor Ort, wenn die Kadaver weggeräumt werden müssen.“