Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Urlaub auf dem Bauernhof im Wohnmobil
Ein deutsches Roadmovie
BERLIN (dpa) - Menschen begegnen, regionale Produkte genießen, Natur pur erleben – und das quer durchs Land. Möglich wird das mit dem „Landvergnügen“, einem bundesweiten Netzwerk kleiner Höfe, die Camper für jeweils eine Nacht willkommen heißen.
Die Straußenküken haben heute keine Lust auf Bettruhe. Immer wieder entwischt eines der flauschigen Tierchen vor der Tür des Holzstalls. „Ich geh’ heute auch nicht ins Bett“, verkündet mein fünfjähriger Sohn fasziniert. Als später drei Sterne am Himmel leuchten und Fledermäuse über unsere Köpfe sausen, fallen ihm doch die Augen zu. Kein Wunder, so viel wie es zu sehen, zu entdecken und zu spielen gab in den vergangenen Tagen.
Wir sind mit dem Wohnmobil durch Deutschland unterwegs. Zu etwas Besonderem wird unsere Reise, weil wir mit dem „Landvergnügen“reisen: Nicht Campingplätze oder die vielerorts von Gemeinden angebotenen Stellplätze sind dieses Mal unser Ziel, sondern Bauern- und Gasthöfe, Weingüter und eben Straußenfarmen. Rund 600 solcher Anbieter beteiligen sich am „Landvergnügen“und bieten mindestens einen Stellplatz für Wohnmobile oder Wohnwagen.
Buch, Vignette und App
Das Konzept stammt aus Frankreich, wo es schon lange möglich ist, die regionale und kulinarische Vielfalt des Landes auf diese Weise kennenzulernen. Auf Deutschland übertragen hat es der Berliner Marketingexperte Ole Schnack. Wer das Konzept als Reisender nutzen möchte, kauft sich ein „Landvergnügen“-Buch, das eine Vignette enthält und den Zugang zur in diesem Jahr erstmals verfügbaren App ermöglicht.
Noch nie waren wir auf Deutschlandreise an so vielen versteckten hübschen Orten, nie sind wir so leicht mit Menschen der verschiedenen Regionen ins Gespräch gekommen. Unser Wohnmobil steht mal unterm Apfelbaum, mal am Weinberg und gleich zweimal direkt an einer Burg. Immer können wir uns im Hofladen mit regionalen Produkten eindecken oder im Restaurant des Gastgebers essen.
Tiere sind das Wichtigste
Und meist gibt es Tiere, denen sich unsere Söhne begeistert widmen: Beim Freilandschwein-Biohof in Gömnigk (Brandenburg) gucken sie quietschvergnügten Ferkeln beim Buddeln zu. Am Weingut Thürkind in Gröst (Thüringen) begleitet die langnasige Hundedame des Hauses uns auf Ausflüge. Auf dem Biohof Kohler in Heimenkirch (Bayern) liest der Große dem Kleinen die liebevoll auf Tafeln über den Köpfen notierten Namen der Allgäu-Kühe vor. Flauschig-weiße Minihühner werden von uns am Weingut Schloss Saaleck in Hammelburg (Bayern) ins Bett gebracht. Und auf dem Talhof Heidenheim (Baden-Württemberg), einem der ältesten Demeterhöfe weltweit, legt das Riesenhundebaby Grimm seine dicken Pfoten auf die Schultern des Zehnjährigen.
Ein angenehmer Nebeneffekt unserer Reise ist, dass die wundervollen Eindrücke noch einige Wochen erhalten bleiben: Immer wenn wir Marmelade, Holundersirup oder Wein aus dem Vorratsregal holen, wird die Erinnerung an den Hof und die Menschen wach, von denen das Produkt stammt.