Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Getreuer
Es gibt kaum einen Posten in der Welt des Emmanuel Macron, den Christophe Castaner nicht übernommen hat. Regierungssprecher, Staatssekretär für die Beziehung zum Parlament, Parteichef – all das war der 52-Jährige in den vergangenen 17 Monaten bereits. Der ExSozialist zeigte sich so vielseitig und zuverlässig wie ein Schweizer Taschenmesser. Doch er übernahm die Aufgaben, die ihm der Präsident übertrug, nicht immer mit Freuden. Vor allem den Vorsitz der noch jungen Partei La République en Marche akzeptierte „Casta“nur widerwillig. „Ich hatte nie eine Parteikultur“, sagte der Politiker im September der Zeitung „Le Monde“. Kein Wunder also, dass der Mann mit dem Dreitagebart am Dienstag mit einem breiten Lächeln verkündete, dass er neuer französischer Innenminister wird.
Der Traumjob ist eine Belohnung für treue Dienste an Macrons Seite. „Er ist der Mann, der immer Ja sagt“, zitierte das Magazin „Le Point“einen Vertrauten des Staatschefs. Den späteren Präsidenten lernte Castaner 2013 als Abgeordneter kennen. 2016 schloss sich der studierte Jurist dem damaligen Wirtschaftsminister an.
Als „simpel“oder „angeberisch“wird der Vater zweier Töchter auch beschrieben. Doch Kritik scheint Castaner nicht zu treffen. Seine Jugend an der Seite eines autoritären Vaters, der Soldat war, scheint ihn auf die Härten des Lebens vorbereitet zu haben. Mit 17 verließ der jüngste Sohn das Elternhaus und schlug sich drei Jahre lang mit Pokerspielen durch. Bis er mit 20 dann auf den bürgerlichen Weg zurückfand, Jura studierte und heiratete. „Ich bin kein Genie. Ich bin kein Intellektueller, aber ich habe Intuition“, sagt der neue Innenminister, der mit dem früheren Inlandsgeheimdienstchef Laurent Nuñez einen kompetenten Staatssekretär an seine Seite bekommt. Christine Longin