Schwäbische Zeitung (Friedrichshafen)
Ein Krimi mit politischer Aufklärung
Christoph Nix liest aus seinem Roman „Muzungu“
FRIEDRICHSHAFEN (lys) - Christoph Nix ist Autor, Jurist und Intendant – und als dieser weiß er zu inszenieren. Das trifft auch für seine Person zu, und zwar im positiven Sinn. Mit seiner Lesung im Gessler 1862 aus seinem neuesten Roman „Muzungu“(übersetzt: „ der Weiße“oder „die Weiße“) entführt er die Zuhörer nach Uganda. Eingebettet in einen Kriminalroman beschreibt er die Abgründe der Entwicklungspolitik und warum die Staatssysteme Ostafrikas immer neue Diktatoren gebären. Eine fiktive Geschichte, die sich so zutragen könnte.
„Ich denke, ich lese mal eine halbe Stunde und dann schauen wir, wie die Stimmung ist“, sagt er zu Beginn, zieht sein Jackett aus und stellt kurz die Protagonisten des Romans vor: zwei junge ugandische Soldaten, die durch einen Mordfall im MuzunguAreal, dem Wohnquartier Weißer, gerufen werden. Er zeichnet mit seiner Sprache ein Bild von Armut, sozialen Unterschieden zwischen Weiß und Schwarz und unterstreicht mit Gesten die Inhalte seiner Lesung.
Der Roman erzählt vom Aufstieg des Präsidenten Yakob Asveni und seiner Familie und dessen Weg vom demokratischen Politiker zum Diktator. Zugleich schildert der Autor, wie einer der beiden Soldaten dem System entfliehen möchte, in das er hineingeboren wurde, und beschreibt enge Machenschaften zwischen dem afrikanischen Geheimdienst und Schweden. Womit der Autor die Verknüpfung zwischen Europa und Afrika geschaffen hat.
„Selbstverständlich ist mit der Figur des Yakob Asveni der amtierende Präsident Yoweri Museveni gemeint“, sagt Nix. Ein Mensch, der an der Macht klebt. Vor der Romanfigur des jungen Soldaten Oanda, der sich nach einer aufgeklärten Gesellschaft sehnt, aber mitten in der Welt der Korruption steckt, habe er größten Respekt gehabt: „Schließlich maße ich mir als Weißer an, über das Gefühlsleben eines Schwarzen zu schreiben.“Seine Afrikareisen, bei denen er wunderbare Menschen getroffen habe, habe ihn aber gestärkt, die Probleme, die es nach wie vor in Afrika gebe, zu thematisieren – wie die Apartheidspolitik, politische dunkle Netzwerke, Kindersoldaten oder auch die Ausbeutung von Bodenschätzen. Wenn man vor Ort sei und etwas passiere, habe man eher das Gefühl, etwas dagegen tun zu müssen.
In der anschließenden Diskussion bekennt Christoph Nix, dass er davon überzeugt ist, dass Entwicklungshilfe auf Augenhöhe nur dann stattfinden könne, wenn ein direkter Bezug zu den Menschen hergestellt werde. „Niederschwellige Angebote wie bei unserem Theaterverein in Konstanz, das mit einem Schauspieler-Austauschprogramm Menschen die Möglichkeit gibt, sich gegenseitig kennenzulernen und auch die Arbeit des jeweils Anderen zu schätzen wissen“, sagt Nix. Ob er nicht zu sehr moralisiere, fragt ein Zuhörer. „Sicher, ich bin Moralist“, bekräftigt Nix.
Im Fokus seines Romans steht die Kriminalgeschichte, politische Aufklärung gibt es quasi nebenher. Nix beweist sich an diesem Abend als Erzähler, als Mensch von nebenan, der, obwohl er jahrelang als Professor in Hannover Strafrecht lehrte, nicht belehrend sein will. Vielmehr möchte er Gedanken anstoßen, Leser und Zuhörer zum Nachdenken animieren, konstruktive Kritiker weiter anschieben und Menschen auffordern den Blick über den Tellerrand zu riskieren. Ein spannender Abend.